
Persönlichkeiten aus Politik, Medien und Kirchen in Schleswig-Holstein sehen sich derzeit mit anonymen Drohbriefen konfrontiert. Der Absender, der sich als „Sturmfront Schleswig-Holstein – Patriotischer Untergrund der AfD und Bauernschaft“ bezeichnet, versendet Briefe, die mit einem Bild einer Kalaschnikow und dem Parteisymbol der AfD versehen sind. Ein zusätzliches Zeichen der Landvolk-Bewegung ist ebenfalls zu finden. Diese Entwicklungen nehmen besorgniserregende Ausmaße an, da die Briefe nicht nur Politiker, sondern auch kirchliche Mitarbeiter wie den Itzehoer Propst Steffen Paar erreichen, der aufgrund seiner Homosexualität und seiner öffentlichen Ansichten bedroht wird. Kieler Oberstaatsanwalt Henning Hadeler erläuterte: „Wir nehmen diese Schreiben ernst, die Betroffenen werden beraten.“ Ermittlungen gegen Unbekannt wegen Verdachts der Bedrohung durch die Staatsschutzkommission des Landeskriminalamtes sind bereits eingeleitet worden, da die Gruppierung „Sturmfront Schleswig-Holstein“ den Behörden bisher unbekannt ist.
Die Innenministerin Schleswig-Holsteins, Sabine Sütterlin-Waack (CDU), unterstreicht die hohe Priorität und Sensibilität bei der Bearbeitung dieser Drohschreiben. Allerdings gibt das Innenministerium keine Auskunft über die genaue Anzahl der verschickten Briefe. Laut Berichten erhielten auch die Fraktionschefs der SPD und Grünen im Kieler Landtag, Serpil Midyatli und Lasse Petersdotter, ähnliche Drohbriefe und haben Strafanzeige erstattet. Die AfD sowie der Landesbauernverband distanzieren sich von den Drohbriefen und erklären, dass ihr Name und Logo ohne Zustimmung verwendet wurden. Kurts Kleinschmidt, der Landeschef der AfD, betont, dass solche Äußerungen und Drohungen gegen die demokratischen Prinzipien gerichtet sind.
Ermittlungen und gesellschaftliche Reaktionen
Die Polizei und der Verfassungsschutz sind mittlerweile involviert. Steffen Paar, der auch aufgrund seiner Position in der Kirche bedroht wurde, stellte klar, dass er und sein Mann sich nicht einschüchtern lassen wollen. Der Drohbrief, der auch an den NDR gesendet wurde, thematisiert nicht nur Paars Homosexualität, sondern auch seine Standpunkte zu Klimawandel und Migration. Paar veröffentlichte eine zweiseitige Entgegnung auf sozialen Plattformen. Diese Antwort fand viel Unterstützung, unter anderem von Bischöfinnen, die betonten, dass niemand aufgrund seines Lebenskonzepts bedroht werden darf.
Die Vorgänge um die Drohbriefe rufen auch eine rege Diskussion in den sozialen Medien hervor, in denen einige über die Echtheit der Briefe spekulieren und Vermutungen über eine bewusste Inszenierung anstellen. Das Landeskriminalamt hat die Betroffenen gebeten, alle erhaltenen Drohbriefe zur Anzeige zu bringen und diese spurenschonend an die Polizei zu übergeben.
Extremismus im Netz
Der Verfassungsschutz Schleswig-Holstein ist besonders alarmiert, da extremistische Gruppierungen und ausländische Nachrichtendienste zunehmend die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen. Diese Erkenntnisse sind in dem Verfassungsschutzbericht 2019 festgehalten, der bereits auf die Herausforderungen durch Desinformation und die Nutzung sozialer Medien zur Mobilisierung von Extremisten hinweist. Die Zahl der gewaltorientierten Rechtsextremisten wird auf etwa 360 geschätzt, während der Islamismus in Schleswig-Holstein 715 Personen mobilisiert, wobei 650 Salafisten sind. Diese Entwicklungen zeigen, dass die Drohbriefe Teil eines größeren Problems von politisch motivierter Gewalt und Feindseligkeit in der Gesellschaft sind.
Das Gesamtbild der politischen Kriminalität in Schleswig-Holstein zeigt einen besorgniserregenden Anstieg. Die letzten Jahre sind von einem signifikanten Anstieg politisch motivierter Gewalttaten gekennzeichnet, was die aktuelle Situation umso dringlicher macht.
Inmitten dieser angespannten Lage ist es von höchster Bedeutung, dass bundesweit ein Bewusstsein für den Umgang mit solchen Drohungen geschärft wird. Der Kampf gegen Extremismus und die Förderung von Demokratie muss weiterhin Priorität haben.
Für mehr Informationen zu den aktuellen Drohbriefen und den damit verbundenen Ermittlungen lesen Sie die Berichte von maz-online.de, ndr.de und schleswig-holstein.de.