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Tragisches Zugunglück: Hamburger Professor Großbölting stirbt bei Kollision

Professor Thomas Großbölting, ein renommierter Historiker aus Hamburg, verstarb tragisch bei einem Zugunglück. Sein Beitrag zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt bleibt unvergessen.

Professor Thomas Großbölting, Direktor der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg, ist am 11. Februar 2025 bei einem tragischen Zugunglück ums Leben gekommen. Der 55-Jährige, der seit 2020 als Professor für Neuere Geschichte/Zeitgeschichte an der Universität Hamburg tätig war, erlag seinen schweren Verletzungen, die er bei einer Kollision eines ICE mit einem Lastwagen auf einem Bahnübergang im Stadtteil Rönneburg erlitt. Trotz intensiver Behandlung im Rettungswagen konnte sein Leben nicht gerettet werden. Bei diesem Unfall wurden insgesamt 25 weitere Personen verletzt, darunter sechs mit mittelschweren und 19 mit leichten Verletzungen, wie Weser-Kurier berichtet.

Großbölting war ein angesehener Zeithistoriker, der durch seine umfassenden Studien zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in kirchlichen Zusammenhängen großen Einfluss erlangte. Zuletzt war er als Gutachter in die Debatte um die Umbenennung des Hamburger Tropeninstituts involviert. Die Forschungsstelle würdigte ihn als „fröhlichen und zupackenden Wissenschaftler“, der noch viele Projekte vorhatte.

Aufarbeitung sexualisierter Gewalt

In den letzten fünf Jahren beschäftigte sich Großbölting intensiv mit der Thematik sexualisierter Gewalt innerhalb der katholischen Kirche. Sein Engagement als Hauptkoordinator einer Aufarbeitungsstudie für das Bistum Münster wurde durch die Veröffentlichung der MHG-Studie zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt vor fünf Jahren noch verstärkt. Diese Studie stellte einen Wendepunkt dar, indem sie positive Entwicklungen wie die Einführung von Präventionsprogrammen und Strukturen zur Bearbeitung sexualisierter Gewalt aufzeigte. Dennoch gab es auch Herausforderungen, wie die Schwierigkeiten, Zugang zu betroffenen Personen zu finden und die komplexen Themen der Machtverteilung innerhalb der Kirche anzusprechen. Laut domradio sieht Großbölting die Bischöfe als hauptverantwortlich für die Aufarbeitung ihrer Diözesen.

Die letzten Jahre waren von einer ambivalenten Entwicklung geprägt. Während von 2019 bis 2021 eine große Unterstützung für die Studien im Bistum Münster zu beobachten war, meldete sich in den letzten ein bis zwei Jahren ein gewisser Überdruss an der Thematik. Auch der Rückgang der Kirchensteuermittel und politischer Widerstand aus Rom stellen erhebliche Hürden dar. Professor Harald Dreßing fordert eine zentrale, gemeinsame Aufarbeitung aller 27 Diözesen und sieht dies als notwendig an, um einen einheitlichen Ansatz zu schaffen. Großbölting unterstützt diese Forderung, betont aber die Notwendigkeit für verschiedene wissenschaftliche Ansätze sowie die Dringlichkeit einer Wahrheitskommission, da der Staat die Kirche als überfordert ansieht.

Forschungsstand und gesellschaftlicher Kontext

Die Erforschung von sexualisierter Gewalt im deutschsprachigen Raum ist durch ein wechselhaftes Verhältnis zwischen gesellschaftlicher Wahrnehmung und wissenschaftlicher Praxis gekennzeichnet. In den 70er und 80er Jahren wurde das Thema durch Bewegungen wie die Selbsthilfebewegung und die Frauenbewegung zunehmend öffentlich. Seitdem haben sich die verwendeten Forschungsmethoden deutlich gewandelt. Die Sichtweise der betroffenen Personen wird heute als zentrale Erkenntnisquelle herangezogen. Wie studlib berichtet, waren früher Aktenanalysen und gerichtliche Unterlagen die Hauptquellen, während heute Befragungen von Betroffenen im Fokus stehen.

Der Tod von Großbölting stellt einen bedeutenden Verlust für die Geschichtswissenschaft dar, insbesondere in der fortwährenden Auseinandersetzung mit den Themen sexualisierte Gewalt und deren Aufarbeitung. Der Bedarf an einer umfassenden und zeitgemäßen Aufarbeitung bleibt auch weiterhin dringlich, wobei die Rolle der Kirche und ihre gesellschaftliche Verantwortung unverändert im Mittelpunkt der Diskussion stehen.

Referenz 1
www.weser-kurier.de
Referenz 2
www.domradio.de
Referenz 3
studlib.de
Quellen gesamt
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