
Im kleinen Ort Rott am Inn, nur etwa 70 Minuten mit dem Zug von München entfernt, sorgt die geplante Flüchtlingsunterkunft für große Aufregung und Proteste unter den Anwohnern. Mit einer Einwohnerzahl von etwa 2.200 im Kern und weiteren 2.000 in umliegenden Ortschaften, gibt es in der Gemeinde nur begrenzte infrastrukturelle Möglichkeiten. Die Bürgerinitiative „Rott rot(t)iert“ hat sich aus der Unruhe geboren und kritisiert neben den geplanten Unterbringungsbedingungen auch die Entscheidung, die Unterkunft in einer Gewerbehalle mit ursprünglich 506, nun aber geschätzten 300 Plätzen einzurichten. Ein Schild im Gewerbegebiet fordert: „Wir sagen nein zu einer Sammelunterkunft für 506 Flüchtlinge in Rott“.
Bürgermeister Daniel Wendrock äußerte in diesem Zusammenhang, dass die Entscheidung zur Einrichtung der Unterkunft ohne vorherige Absprache mit der Gemeinde getroffen wurde. Seitdem haben Proteste an Fahrt aufgenommen, die erste Demonstration fand im November 2023 mit etwa 500 Teilnehmern statt. Die Bürgerinitiative stellt die Raumverhältnisse in der Unterkunft in Frage: Es wird von zu kleinen Räumen, fehlenden Duschen und Toiletten sowie einer möglichen Quecksilberbelastung berichtet.
Behördliche Reaktionen und Baugenehmigung
Das Landratsamt Rosenheim hat ein Gutachten veröffentlicht, welches besagt, dass nur in zwei von acht Räumen kritische Werte überschritten werden. Trotz dieser Feststellungen berichtet Wendrock von Problemen mit Trink- und Abwasser in der Gemeinde, was die Sorgen der Anwohner weiter verstärkt.
Die Notwendigkeit der neuen Unterkunft wird vom Landratsamt begründet. Diese ist als zentrale Anlaufstelle für neu ankommende Flüchtlinge gedacht und soll bestehenden Ankunftseinrichtungen in Raubling und Bruckmühl entlasten. Das Landratsamt hebt hervor, dass es eine gesetzliche Verpflichtung zur Unterbringung von Geflüchteten gibt. Die Baugenehmigung wurde aufgrund von §246 BauGB erteilt, damit dringend benötigte Unterkünfte schnell bereitgestellt werden können.
Die Bürgerinitiative fordert eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge auf mehrere Kommunen, um Konflikte zu vermeiden. Ein alternativer Standort, der von der Regierung geprüft wurde, wurde als ungeeignet zurückgewiesen. Die Baugenehmigung sei zudem rechtlich korrekt erteilt worden, heißt es. Der Gemeinderat Rott am Inn sprach sich gegen einen weiteren Alternativvorschlag aus.
Die Proteste erhalten zusätzlichen Auftrieb durch einen Vorfall in Aschaffenburg, bei dem ein Afghaner ein Kind und einen Mann tötete. Dies verstärkt Ängste vor möglichen Konflikten durch die Unterbringung von vielen Flüchtlingen an einem Ort. Brandbriefe an den Landrat und den bayerischen Ministerpräsidenten sind ein Ausdruck der Besorgnis, die die Bürgerinitiative an die Verantwortlichen kommuniziert hat.
Studie zur Flüchtlingsunterbringung
Die Problematik der Flüchtlingsunterbringung ist generell mit Konflikten verbunden, wie eine Forschungsstudie des IMIS und BICC zeigt. Diese Analyse verdeutlicht, dass insbesondere in Gemeindeverwaltungen und unter den Bewohnern Spannungen entstehen können. Die Forschung legt nahe, dass unzureichende Kommunikation und mangelnde Bürgerbeteiligung zu Missverständnissen und Konflikten führen können. Dies wird auch in Rott am Inn deutlich, wo Anwohner und die Bürgerinitiative um einen Dialog mit den Behörden bitten.
Die Aussage der Studie, dass neue Konflikte bei der Einrichtung von Flüchtlingsunterkünften oft auftreten, hat große Relevanz für die Situation in Rott am Inn. Die Notwendigkeit, sich an lokale Gegebenheiten anzupassen und Geflüchtete sinnvoll zu integrieren, stellt eine Herausforderung dar, die Ressourcen und strategische Planung erfordert.
In Rott am Inn bleibt die Lage angespannt, und es ist unklar, wie die Behörden auf die Ängste und Bedenken der Bevölkerung reagieren werden. Die Auseinandersetzung wird durch rechtliche Schritte der Gemeinde und die politischen Entscheidungen weiter kompliziert. Die kommenden Monate werden entscheidend sein, um zu sehen, ob eine Lösung gefunden werden kann, die sowohl den Bedürfnissen der Flüchtlinge als auch den Sorgen der Anwohner gerecht wird.