
In Deutschland gehört Rassismus zu den alltäglichen Erfahrungen für viele Menschen, insbesondere für Schwarze, Personen of Color und (Post)migrant*innen. Diese Gruppen sind häufig psychosozialen Belastungen ausgesetzt, die das Risiko für psychische Erkrankungen signifikant erhöhen. Dies wird insbesondere in der aktuellen Forschung zur psychischen Gesundheit erkennbar. Ein bevorstehender Vortrag von Prof. Andreas Heinz an der Universität zu Lübeck wird sich intensiv mit diesen Themen auseinandersetzen.
Der Vortrag mit dem Titel „Rassismus in der Psychiatrie und Psychotherapie“ findet am 12. Februar 2025 um 20:00 Uhr im Übergangshaus, Königstraße 54-56, statt. Prof. Heinz, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Charité, wird in seinem Vortrag historische Krankheits-Theorien aus der Kolonialzeit sowie die Auswirkungen rassistischer Diskriminierung auf die psychische Gesundheit beleuchten. Seine Expertise erstreckt sich über mehrere Fachgebiete, darunter Neurologie und Sozialmedizin, was ihn zu einem gefragten Experten auf diesem Gebiet macht. In seinem multikulturellen Ansatz zur Psychiatrie und Psychotherapie legt er einen besonderen Fokus auf psychotische und Sucht-Erkrankungen sowie die interkulturelle Dimension der seelischen Gesundheit.
Psychische Auswirkungen von Rassismus
Eine aktuelle Analyse zeigt, dass Rassismus eine Vielzahl von belastenden Lebenserfahrungen mit sich bringt – Migration, Flucht, soziale Ungleichheit und Diskriminierung. Diese Faktoren erhöhen die Wahrscheinlichkeit von emotionalen und psychischen Störungen erheblich. Insbesondere die Corona-Pandemie hat diese Problematik für Kinder und Jugendliche verschärft, wie eine Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung belegt. Der Anteil von Jugendlichen mit depressiven Symptomen hat sich in der Pandemie bei jungen Menschen ohne Migrationshintergrund von 9% auf 21% erhöht, während bei Jugendlichen mit Migrationsgeschichte der Anteil von 11% auf 33% gestiegen ist.
Zusätzlich berichtet die Neue Deutsche Organisationen über den Mangel an repräsentativen Studien, die den direkten Zusammenhang zwischen Rassismus und psychischer Gesundheit beleuchten. In der psychologischen Ausbildung wird Rassismus nicht als Risikofaktor ausreichend berücksichtigt. Die meisten Fachkräfte im Bereich Psychotherapie und Psychologie sind nicht darauf vorbereitet, rassismussensible Beratungen anzubieten.
Vorbote für Veränderungen
Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie sieht dringenden Handlungsbedarf und fordert von der kommenden Bundesregierung konkret Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus im Gesundheitssystem sowie zur Verbesserung der psychischen Gesundheitsversorgung für betroffene Gruppen. Es wird ein massiver Bedarf an rassismussensiblen Behandlungsangeboten betont, und es ist klar, dass die aktuellen Versorgungsstrukturen überarbeitet werden müssen, um eine gleichberechtigte Teilhabe aller zu gewährleisten.
Der Vortrag am 12. Februar ist Teil des Studium Generale der Universität zu Lübeck, die in Kooperation mit anderen Hochschulen und der Hansestadt Lübeck die Thematik Rassismus umfassend in verschiedenen wissenschaftlichen Kontexten beleuchtet. Der Eintritt ist frei, und nach den Vorträgen besteht die Möglichkeit, in einer lockeren Runde bei Wein und Wasser ins Gespräch zu kommen. Die Veranstaltungen werden zudem aufgezeichnet und online zur Verfügung gestellt, was die Diskussion auch über den Abend hinaus zugänglich macht.