
Der Grenfell Tower in West-London, der Schauplatz einer der verheerendsten Brandkatastrophen in der britischen Geschichte, soll nun endgültig abgerissen werden. Dies wurde von der Vize-Premierministerin Angela Rayner am Mittwochabend bekannt gegeben. Der verheerende Brand am 14. Juni 2017 kostete 72 Menschen das Leben und hinterließ nicht nur Trauer, sondern auch eine Welle der Kritik bezüglich der Brandschutzmaßnahmen in britischen Wohngebäuden. Laut Süddeutscher Zeitung soll die offizielle Verkündung der Rückbaupläne am Freitag erfolgen.
Der Grenfell Tower steht bereits seit dem Brand unter Sicherheitsauflagen. Das Gebäude ist verhüllt, und das umliegende Gelände ist mit einem Holzzaun abgesperrt, an dem zahlreiche Botschaften, Bilder und Andenken in verschiedenen Sprachen der Überlebenden und Angehörigen angebracht sind. Ursprünglich war es geplant, den Standort bis zum achten Jahrestag der Katastrophe im Juni unverändert zu lassen. Diese Entscheidung stieß jedoch auf heftige Kritik der Opfervertretungen, insbesondere von Grenfell United, die vorwerfen, dass die Meinungen der Betroffenen bei den Rückbauplänen nicht ausreichend berücksichtigt wurden. „Die Stimmen der Überlebenden und Hinterbliebenen müssen im Mittelpunkt stehen“, äußerte die Organisation in einer Mitteilung.
Chronik der Katastrophe
Die Tragödie begann mit einem Brand, der durch einen defekten Kühlschrank in der vierten Etage des Gebäudes ausgelöst wurde. Dieser breitete sich rasant über eine hoch brennbare Fassadenverkleidung aus Aluminium und Kunststoff aus, die in den 2010er Jahren angebracht wurde. Kritiker bemängelten, dass diese Verkleidung, die die Außenseite des Gebäudes modernisieren sollte, das tatsächliche Risiko erheblich erhöhte. Insbesondere wurde festgestellt, dass das Design der Verkleidung vor der Installation am Grenfell Tower keine feuertechnischen Tests bestanden hatte. Die Hersteller wussten Bescheid, versteckten negative Testergebnisse und wiesen jede Verantwortung zurück, wie im Bericht des London Museums zu lesen ist.
Der Brand führte zu einem umfassenden öffentlichen und politischen Aufschrei, der in den Jahren nach der Tragödie zu einer verstärkten Überprüfung der Brandschutzmaßnahmen in Hochhäusern führte. Tausende von Gebäuden in Großbritannien trugen ähnliche, gefährliche Verkleidungen und standen unter Druck, diese zu entfernen.
Kritik und Gedenken
Während die Rückbaupläne allgemein als notwendig erachtet werden, um die Struktur des hängeblühenden Turms zu sichern, äußert die Opfervertretung Grenfell Next of Kin Bedenken. Sie bezeichnete die Entscheidung als „sensibel“, spricht sich jedoch für den Erhalt des Turms als Mahnmal aus. Ein auf dem Gelände geplantes Denkmal zur Erinnerung an die 72 Todesopfer wird ebenfalls von den Behörden in Erwägung gezogen, wobei ein endgültiger Entwurf für das Frühjahr 2026 erwartet wird.
Insgesamt stehen die Ereignisse rund um den Grenfell Tower und die nun geplanten Rückbauarbeiten im Zeichen einer tiefen Auseinandersetzung mit den Fragen der Sicherheit, der Verantwortung und des Gedenkens. Premierminister Keir Starmer entschuldigte sich im Namen der britischen Regierung für die Tragödie und versprach, die Lehren aus den Ereignissen zu ziehen. Der Druck auf die Behörden bleibt hoch, endlich gerechte Lösungen für die betroffenen Gemeinschaften zu finden und die Versäumnisse der Vergangenheit umfassend zu adressieren.
Die Komplexität der Situation und die fortwährenden Diskussionen rund um den Grenfell Tower zeigen, wie herausfordernd es ist, zwischen dem Bedürfnis nach Gedenken und der Notwendigkeit von Veränderungen zu navigieren. Die Erinnerungen an die 72 verlorenen Leben sowie die anhaltende Trauer und der Wunsch nach Aufklärung und Veränderung bleiben im Mittelpunkt dieser wichtigen Debatte.