
Am 6. Februar 2025, nur einen Tag vor dem 20. Todestag von Hatun Sürücü, wurde in Berlin eine Gedenkveranstaltung abgehalten, die viele soziale und politische Akteure zusammenbrachte. Sürücü, eine 23-jährige Deutsch-Kurdin, wurde am 7. Februar 2005 an einer Bushaltestelle in Tempelhof von ihrem Bruder erschossen. Ihr Tod schockierte Deutschland und rief eine umfangreiche Diskussion über patriarchale Strukturen, Zwangsehen und so genannte „Ehrenmorde“ hervor. Sie hatte gegen den Willen ihrer Familie ihr Kopftuch abgelegt und einen Beruf als Elektroinstallateurin erlernt, was als schwere Verletzung der Familienehre galt, und sie bezahlte dafür mit ihrem Leben.
Bei der Gedenkveranstaltung im Besucherzentrum des ehemaligen Flughafens Tempelhof unterstrich die Berliner Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe die Notwendigkeit, auch an die vielen anderen Frauen zu denken, die Gewalt erfahren oder gar getötet wurden. Bundesfrauenministerin Lisa Paus war ebenfalls anwesend. Ein stilles Gedenken ist für den 7. Februar am Tatort geplant, an dem ein Gedenkstein an Hatun Sürücü erinnert.
Der Fall Hatun Sürücü und seine Folgen
Die Ermordung von Hatun Sürücü am 7. Februar 2005 führte nicht nur zu bundesweitem Entsetzen, sondern auch zu politischen Reaktionen. Ihr Fall wurde als Anstoß für eine Verschärfung des Aufenthaltsrechts genutzt, darunter die Einführung von Sprachtests beim Familiennachzug im Jahr 2007. Diese Maßnahme zielte darauf ab, die Integration zu erleichtern und Zwangsehen zu verhindern. Allerdings wurde die Wirksamkeit dieser Tests bislang nicht evaluiert, und die Debatte über die rechtliche Einordnung von Femiziden in Deutschland hat erst begonnen.
Die Zahlen sind alarmierend: Im Jahr 2024 zählte die Staatsanwaltschaft in Berlin sechs Femizide, während die Polizei 29 solche Fälle reportierte. Im Jahr 2023 gab es bundesweit 938 Opfer versuchter oder vollendeter Femizide, darunter 360 Frauen, die starben. Im gleichen Jahr wurden 132.966 weibliche Opfer partnerschaftlicher Gewalt registriert, was einem Anstieg von 6,4 % zum Vorjahr entspricht. Im Gegensatz zu diesen hohen Zahlen steht die begrenzte politische und gesellschaftliche Reaktion auf das Problem. Diese Missstände sind auch im Kontext der laufenden Forschung zu Femiziden in Deutschland zu betrachten, wie eine Studie des Instituts für Kriminologie der Universität Tübingen belegt.
Gesellschaftliche Wahrnehmung und kontinuierliche Herausforderungen
Der Begriff „Ehrenmord“ bleibt umstritten, da er ein ehrenhaftes Motiv suggeriert. Es handelt sich vielmehr um femizide Gewalt, oft motiviert durch männliches Besitzdenken und patriarchalische Strukturen. Die Zahl der Frauenmorde, die mit geschlechtsbezogenen Motiven verknüpft sind, ist alarmierend. Die Studie, die sich mit den Tötungen von Frauen befasst, erhebt weitreichende Fragen zu den ermittelten Motiven und der rechtlichen Bewertung solcher Strafdelikte.
Hatun Sürücüs Geschichte und die sich um ihren Mord entspinnende Debatte sind nach wie vor von zentraler Bedeutung. Ihr Mörder verbrachte mehr als neun Jahre in Jugendhaft, bevor er 2017 in die Türkei abgeschoben wurde, wo er freigesprochen wurde. Die Schatten ihres Schicksals reichen bis heute und können nicht ignoriert werden. Ihr Fall bleibt ein Manifest für den Kampf gegen Gewalt an Frauen und die Notwendigkeit, strukturelle Veränderungen in der Gesellschaft vorzunehmen.
Im Zeichen dieser Tragödie ist es wichtig, den Dialog über Femizide, patriarchale Strukturen und die Notwendigkeit rechtlicher Reformen fortzusetzen, um Frauen zu schützen und deren Rechte zu wahren.
Zusammengefasst bleibt zu sagen, dass der Fall Hatun Sürücü nicht nur ein individuelles Schicksal ist, sondern ein widerhallendes Echo für viele Frauen, die unter ähnlichen Umständen leiden.