Rom

Papst Pius XII.: Bittbriefe von Juden jetzt vollständig online!

Am 6. Februar 2025 berichten Überlebende und Historiker über die jüdischen Bittbriefe an Papst Pius XII. aus der Zeit des Holocausts. Ein Projekt beleuchtet das Schicksal der Verfolgten und die Rolle des Vatikans.

Am 16. Oktober 1943 wurde das jüdische Stadtviertel in Rom von SS-Soldaten umstellt. Die Razzia begann frühmorgens um 5:30 Uhr und führte zur Deportation von 1.022 Juden, von denen nur 16 überlebten, darunter die damals 22-jährige Settimia Spizzichino. Dieses düstere Kapitel der Geschichte wurde am 3. Februar 2023 durch die Berichterstattung dreier Großnichten von Spizzichino neu beleuchtet. initiatoren dieser Initiative „Ricordiamo insieme“ sind Friederike und Tobias Wallbrecher, die seit 30 Jahren in Rom leben und darauf abzielen, diese tragischen Schicksale in Erinnerung zu behalten.

Eine bedeutende Rolle spielt in diesem Kontext das Projekt „Asking the Pope for Help“, das von Prof. Dr. Hubert Wolf und einem Team geleitet wird. Es untersucht die jüdischen Bittbriefe, die während des Zweiten Weltkriegs an Papst Pius XII. geschickt wurden. In den vatikanischen Archiven wurden rund 10.000 dieser Bittschreiben entdeckt, die die Verfolgung, Gewalt und Verzweiflung der jüdischen Comunity in den 1940er Jahren dokumentieren. Diese Briefe sind überwiegend auf Italienisch verfasst und bisweilen schwer lesbar, weshalb viele der 40.000 in den Schreiben genannten Namen unterschiedliche Schreibweisen aufweisen.

Digitalisierung der Bittbriefe

Der Vatikan hat nun eine Online-Plattform eingerichtet, auf der die Hilfegesuche von verfolgten Juden vollständig einsehbar sind. Die digitalisierten Dokumente umfassen 170 Bände aus dem historischen Archiv des Staatssekretariats, die sich auf das Pontifikat von Pius XII. (1939-1958) beziehen, und tragen den Titel „Ebrei“ (Juden). Diese Archivserie umfasst etwa 40.000 Akten, von denen bis jetzt rund 70 Prozent online verfügbar sind. Historiker haben die Bittschreiben während ihrer Forschungsarbeiten entdeckt und die vollständige Online-Verfügbarkeit ermöglicht, die auf Anordnung von Papst Franziskus durchgeführt wurde.

Die Initiative zur digitalen Bereitstellung dieser Dokumente soll nicht nur zu einer besseren historischen Aufarbeitung des Holocausts beitragen, sondern auch den Zugang zu den Quellen erleichtern, die zur Klärung der Rolle des Vatikans während dieser finsteren Zeit des Zweiten Weltkriegs notwendig sind. Prof. Hubert Wolf plädiert für einen Paradigmenwechsel in der Forschung, der sich auf „Die römische Kurie und den Holocaust“ konzentriert, um besser zu verstehen, wie die Institution im Verborgenen agierte. Es ist bekannt, dass Papst Pius XII. etwa 10 Prozent der Bittschreiben zur Kenntnis nahm; die 10.000 Petitionen stellen jedoch lediglich 3 Prozent aller sozialen Anliegen dar, die während seines Pontifikats eingingen.

Ein Aufruf zur Forschung

Die Präsentation des Projekts in Rom war von großem Interesse begleitet, mit fast 100 anwesenden Persönlichkeiten und einem deutlichen Ausdruck von Beifall für die Berichte über jüdische Familien und deren Schicksale. Das Engagement zur historischen Aufarbeitung, insbesondere in Bezug auf die Rolle des Vatikans während des Holocausts, bleibt eine zentrale Fragestellung, die Wissenschaftler weiterhin beschäftigt. Die digitale Bereitstellung dieser Hilfesuchenden ist ein entscheidender Schritt, um die Stimmen dieser vergessenen Menschen zu einem Teil der kollektiven Erinnerung zu machen.

Die digitales Archive können vollständig auf der offiziellen Website des Vatikans eingesehen werden unter Vatican News. Für Historiker und interessierte Bürger bietet sich damit eine einmalige Gelegenheit, sich mit den Hilferufen der jüdischen Bevölkerung während des Holocausts auseinanderzusetzen.

Referenz 1
www.uni-muenster.de
Referenz 2
www.vaticannews.va
Referenz 3
www.vaticannews.va
Quellen gesamt
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