
Die Wiederherstellung und Revitalisierung von Flüssen in Europa steht aktuell im Fokus von Wissenschaft und Naturschutz. Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Dr. Peter Haase von der Senckenberg Forschungsinstitut und der Universität Duisburg-Essen hat die kritische Lage von Fließgewässern untersucht. Ihre Ergebnisse, veröffentlicht in der Fachzeitschrift Global Change Biology, zeigen, dass nach einem Anstieg der Wasserqualität seit vergangenen Jahren die Biodiversität stagnierte. Universität Duisburg-Essen berichtet, dass Verschmutzungen durch Industrie, Haushalte und Landwirtschaft erhebliche Belastungen für Flüsse darstellen, die sich negativ auf die Wiederbesiedlung durch Tier- und Pflanzenarten auswirken.
Die Studienergebnisse zeigen, dass die Dispersionsfähigkeit von Arten entscheidend ist, um neue Lebensräume in rehabilitierten Flüssen zu besiedeln. Besonders auffällig ist, dass in Flüssen, die sich erholten, die Artenvielfalt zunahm, während sie in kontinuierlich verschlechternden Gewässern abnahm. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit, nicht nur die Wasserqualität zu verbessern, sondern auch die Bedingungen, unter denen sich die Biodiversität entwickeln kann.
Herausforderungen der Gewässerrevitalisierung
Der Zustand der Flüsse in Deutschland und der Schweiz ist besorgniserregend. Laut dem Umweltbundesamt sind über 90 % der deutschen Flüsse und Bäche begradigt oder verrohrt. In der Schweiz sind 15.000 Kilometer an Fließgewässern begradigt. Diese Maßnahmen haben die Hochwassergefahr erhöht, da Begradigungen und Befestigungen die natürliche Wasserführung stören und den Rückhalt von Wasser verhindern. Biodiversitätsinitiative hebt hervor, dass natürliche Gewässer nicht nur zur Speicherung von Grundwasser beitragen, sondern auch einen essenziellen Lebensraum für viele Tierarten bieten.
Besonders betroffen sind Wanderfischarten, die auf unverbaute Flüsse für ihre Laichplätze angewiesen sind. Das Gewässerschutzgesetz in der Schweiz fordert eine Revitalisierung von einem Viertel der Gewässer im 21. Jahrhundert, doch die gesetzlich festgelegten Ziele zur ökologischen Sanierung sind bisher nicht erreicht worden. Angesichts dieser Herausforderungen ist eine koordinierte Anstrengung notwendig, um die Flüsse zurückzugewinnen und ökologisch nachhaltig zu gestalten.
Empfehlungen für die Renaturierung
Die Forschung betont die Bedeutung von flexiblen Strategien, um sich an sich verändernde Umweltbedingungen anzupassen und die Resilienz der Ökosysteme zu erhöhen. Empfehlungen zur Verbesserung der Flussrenaturierung beinhalten die Erhöhung der Landschaftsvernetzung und die Integration artenreicher „Quellpopulationen“, um die Rekolonisation zu unterstützen. Insbesondere kleine und mittelgroße Flüsse, oft im Eigentum von Städten und Gemeinden, könnten durch gezielte Renaturierungsmaßnahmen aufgewertet werden Umweltbundesamt.
Mit der Erstellung von Informationsplattformen für Maßnahmenträger von Renaturierungsprojekten können Städte und Gemeinden umfassend unterstützt werden. Die Vorteile naturnaher Fließgewässer sind zahlreich: Sie tragen zur Verminderung der Hochwassergefahr, bieten Lebensräume für zahlreiche Arten und verbessern die Lebensqualität sowohl in städtischen als auch ländlichen Gebieten.
Die Dringlichkeit einer ökologischen Sanierung der Flüsse ist unbestritten. Der Erfolg der Renaturierungsmaßnahmen wird dabei maßgeblich davon abhängen, wie gut es gelingt, die verschiedenen Akteure rechtzeitig in die Planung und Durchführung einzubinden.