
Der Rüstungskonzern KNDS hat heute eine bedeutende Entscheidung getroffen und ein Werk des Zugherstellers Alstom in Görlitz, Sachsen, übernommen. Mit dieser Übernahme, die im Beisein von Bundeskanzler Olaf Scholz und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer am Mittwoch in einer Rahmenvereinbarung besiegelt wurde, soll die Produktion von Panzerteilen, insbesondere für den Leopard 2, Puma und Boxer, gefördert werden. Bis zum Jahr 2027 ist der Übergang zur Rüstungsproduktion geplant, wobei bereits in diesem Jahr erste Personalübernahmen und der Produktionsstart erfolgen sollen.
Aktuell produziert Alstom in Görlitz Doppelstockwagen und Straßenbahnen. Viele dieser Aufträge werden künftig an andere Standorte verlagert. Es ist vorgesehen, dass KNDS bis zu 400 der 700 Alstom-Beschäftigten weiterbeschäftigt. Unter dem Strich könnten bestenfalls 575 Mitarbeiter, davon 400 in Görlitz, weiterhin einen Arbeitsplatz haben. Alstom wird 100 Angestellte an andere eigene Standorte überführen.
Reaktionen und Proteste
Die Entscheidung von KNDS ruft unterschiedliche Reaktionen hervor. Während Bundeskanzler Scholz die Rüstungsproduktion in Görlitz verteidigt und deren Bedeutung für die nationale Sicherheit unterstreicht, gibt es auch kritische Stimmen. Linke und rechte Gruppierungen protestieren gegen die neue Ausrichtung des Werkes. Die Partei Die Linke in Sachsen hat bereits eine Demonstration angekündigt und äußert Bedenken hinsichtlich des Wechsels von der Schienenfahrzeugproduktion zur Rüstungsindustrie. Kritiker warnen vor einer Militarisierung der Gesellschaft und fordern stattdessen mehr Investitionen in Infrastruktur und soziale Projekte.
Florian Hohenwarter von KNDS hebt die Notwendigkeit von Verlässlichkeit und Langfristigkeit für das Unternehmen hervor. Das Unternehmen plant zudem, einen zweistelligen Millionen-Betrag in neue Anlagen in Görlitz zu investieren. Über die aktuelle Situation sagt er, dass die positive Stimmung trotz der Diskussionen um den Branchenwechsel überwiegt.
Wachstumsstrategien in unsicheren Zeiten
Der Kontext dieser Übernahme ist ähnlich bedeutsam wie die Entscheidung selbst. Der russische Angriff auf die Ukraine hat das Sicherheitsumfeld Deutschlands verändert und schürt neue Unsicherheit hinsichtlich der Beständigkeit der US-Sicherheitsgarantien. Aus diesem Grund ist das Umdenken in der Rüstungsindustrie dringender denn je. Deutschland steht vor der Herausforderung, bis spätestens 2030 seinen NATO-Beitrag zur Abwehr russischer Aggressionen zu leisten.
Die DGSF analysiert, dass Deutschlands Rüstungsindustrie noch erheblichen Wachstumsschmerzen und Defiziten gegenübersteht. Es bestehen Herausforderungen bezüglich der industriellen Basis und der Anpassungsfähigkeit der Branche an neue Trends. Die EU hat bislang keine einheitliche Rüstungsmarktstrategie entwickelt, während andere europäische Länder bereits in ihre Produktionskapazitäten investiert haben. Um auch international im stark umkämpften Rüstungsmarkt bestehen zu können, ist eine industriepolitische Steuerung dringend erforderlich.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Übernahme des Alstom-Werkes in Görlitz durch KNDS nicht nur eine erhebliche Veränderung für die regionale Wirtschaft darstellt, sondern auch Teil einer größeren Strategie ist, um Deutschlands Verteidigungsfähigkeit zu stärken. Es bleibt abzuwarten, ob und wie schnell dieser Übergang erfolgreich umgesetzt werden kann.
Für weitere Informationen: t-online.de, mdr.de, dgap.org.