
Im Rahmen des Neujahrstreffens der Arbeitgeberverbände des hessischen Handwerks in Wiesbaden betonte Hessens stellvertretender Ministerpräsident und Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori die herausragende Rolle des Handwerks für den Wirtschaftsstandort Hessen. Er stellte fest, dass das Handwerk nicht nur entscheidend für den Wohnungsbau, die Verkehrsinfrastruktur und die digitale Transformation ist, sondern auch eine Schlüsselposition in der hessischen Wirtschaft einnimmt. Anlass genug, um über die bestehenden Herausforderungen und notwendige Reformen zu sprechen. Laut wirtschaft.hessen.de strebt Mansoori an, die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen in der Hessischen Gemeindeordnung zu optimieren, um die Bedürfnisse des Handwerks und der Kommunen besser zu berücksichtigen.
Ein wesentlicher Punkt seiner Rede war die anhaltende Problematik der Energieversorgung. Mansoori kündigte an, sich auf Bundesebene für verlässliche Energieversorgung einzusetzen und betonte, dass das bestehende Abgrenzungskriterium „bis zum Hausanschluss“ bestehen bleibt. Auch die Bürokratieabbau-Initiativen wurden angesprochen. Eine neue Kommission mit dem Namen „Innovation im Bau“ soll helfen, Prozesse zu vereinfachen und zu beschleunigen. Zudem stehen im HessenFonds eine Milliarde Euro für zukunftsorientierte, bürokratiearme Fördermöglichkeiten für Handwerksunternehmen bereit.
Aktuelle Herausforderungen des Handwerks
Das hessische Handwerk sieht sich vielfältigen Herausforderungen gegenüber, darunter stark steigende Energiekosten, ein akuter Fachkräftemangel und wachsende bürokratische Hürden. Präsident Stefan Füll und Vizepräsident Alexander Repp äußerten beim Neujahrstreffen einen verhaltenen Optimismus für das Jahr 2025, während sie gleichsam auf die Sorgen hinwiesen. Rund 83% der Betriebe bewerten ihre Geschäftslage als „gut“ oder „befriedigend“, jedoch sanken die Auftragseingänge im Vergleich zum Vorjahr auf 65%. Fast ein Drittel der Betriebe verzeichnete Umsatzeinbußen, was die Dringlichkeit des Handelns verdeutlicht.
Darüber hinaus ist die Betriebsauslastung mit 9,5 Wochen und einem Niveau von 78% ein besorgniserregendes Zeichen. Die Branchen zeigen unterschiedliche Entwicklungen: Während das Bauhauptgewerbe stabil bleibt, verzeichnet das Nahrungsmittelhandwerk einen Aufwärtstrend, während persönliche Dienstleistungen stark leiden. Diese wirtschaftliche Situation erfordert dringend mittelstandsfreundliche Rahmenbedingungen, um einen möglichen leichten Aufschwung, vor allem in der zweiten Jahreshälfte, zu ermöglichen.
Fachkräftemangel und Ausbildung
Der Fachkräftemangel ist eine der größten Herausforderungen. Aktuell fehlen im hessischen Handwerk etwa 17.500 Fachkräfte. Etwa 18% der Betriebe berichten von einem gesunkenen Beschäftigtenstand, was insbesondere auf den Fachkräftemangel zurückzuführen ist. Um dem entgegenzuwirken, wurden Initiativen wie die Einführung des kostenfreien Meisterbriefs und Praktikumswochen in die Wege geleitet. Eine stärkere Berufsorientierung an Schulen sowie die Förderung der dualen Ausbildung sind entscheidend, um Jugendliche für eine Karriere im Handwerk zu gewinnen.
Die Ausbildungsbilanz für 2023 zeigt jedoch einen Rückgang von 1,8% bei neu eingetragenen Lehrverträgen, was auf die Notwendigkeit einer Neuorganisation der Berufsschulstandorte hinweist. Aktuell bleiben rund 1.400 Ausbildungsplätze in Hessen unbesetzt. Eine tiefere gesellschaftliche Anerkennung der dualen Ausbildung sowie Vorschläge für ein Freiwilliges Handwerksjahr sind Teil der notwendigen Maßnahmen, um den Fachkräftemangel nachhaltig zu bekämpfen. Die Situation ist besonders in Berufen wie Bauelektrik und Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik kritisch, wo zwei von fünf offenen Stellen nicht besetzt werden konnten.
Wie von wiesbaden-lebt.de berichtet, ist der Fachkräftemangel nicht nur auf fehlende Bewerbungen zurückzuführen. Die Zahl der offenen Stellen in Handwerksberufen stieg im Jahr 2022 auf einen Rekordwert von rund 236.818. Die gute Konjunktur im Bauhandwerk und politische Maßnahmen zur Förderung von Wohnungsbau und Klimaschutz haben die Nachfrage nach Handwerkern weiter erhöht. Die duale Ausbildung bleibt daher das Mittel der Wahl, um diesen Engpass zu adressieren und zukünftige Fachkräfte auszubilden.
Vor diesem Hintergrund fordert die Handwerkskammer eine verbesserte Berufsorientierung, insbesondere an Gymnasien, und schlägt vor, ein Unterrichtsfach „Werken/Technik“ an hessischen Schulen zu etablieren. Die kommenden Monate werden entscheidend sein, um die gesetzten Ziele zu erreichen und das Handwerk in Hessen langfristig zu stärken.