
In einer zunehmend komplexen und dynamischen Geschäftswelt sind Unternehmen gefordert, ihre Geschäftsmodelle und -prozesse rasch an sich verändernde Rahmenbedingungen anzupassen. Dies erfordert vor allem eine Repriorisierung und Neubewertung der Entscheidungsmöglichkeiten. Die Universität Göttingen hebt hervor, dass Aufsichtsräte sich diesen Entwicklungen anpassen müssen, da die klassische retrospektive Kontrolle oft nicht mehr ausreicht, um effektiv zu steuern. Die Regierungskommission „Deutscher Corporate Governance Kodex (DCGK)“ hat in Zusammenarbeit mit der Universität Göttingen einen Praxis-Impuls veröffentlicht, der Unternehmen dabei unterstützen soll, die Aufsichtsratsarbeit zu reflektieren und zu verbessern. Der Titel dieses Impulses lautet: „Effektive Aufsichtsratsarbeit durch aktive Strategiebegleitung“.
Der Praxis-Impuls enthält insgesamt sieben Ansatzpunkte für eine strategiebegleitende Aufsichtsratsarbeit. Hierzu zählt die strategiekonforme Weiterbildung des Aufsichtsrats, die Nutzung strategieabgeleiteter Anforderungsprofile für die Zusammensetzung des Aufsichtsrats sowie eine regelmäßige und kritische Evaluierung der eigenen Arbeit. Das übergeordnete Ziel ist es, dass Aufsichtsratsgremien sich zu Sparringspartnern für die Unternehmensführung im Bereich der Strategieentwicklung und -implementierung entwickeln. Der Impuls ist online verfügbar auf der Webseite des DCGK.
Digitalkompetenz im Aufsichtsrat
Im Kontext der digitalen Transformation hat das 16. Corporate Governance Working Breakfast, das am 21. November 2019 an der Frankfurt School of Finance & Management stattfand, besondere Relevanz. Die Veranstaltung befasste sich mit dem Thema „Digitalkompetenz im Aufsichtsrat – Von der digitalen Aufsichtsratsarbeit bis zur Digitalisierungsstrategie“. Angesichts der Notwendigkeit, dass Aufsichtsräte, Beiräte und Non-Executive Directors Digitalkompetenz entwickeln müssen, wurde der Fokus auf verschiedene Kompetenzen gelegt, die für die digitale Aufsichtsratsarbeit entscheidend sind.
Digitalkompetenz umfasst Aspekte wie Realitäts-, Transformations- und Zukunftskompetenz, verstärkte Personalkompetenz im Board, lebenslanges Lernen und Kollaboration sowie Ethik und Verantwortung. Während der Veranstaltung wurden auch wichtige Diskussionsthemen angesprochen, etwa das potenzielle Erhöhen des Haftungsrisikos durch Digitalisierung und die damit verbundenen Herausforderungen wie ein ansteigendes Arbeitsaufkommen und eine schnellere Entscheidungsfindung im Aufsichtsrat.
Globale Wettbewerbsfähigkeit und Unternehmensführung
Die Digitalkompetenz ist laut Expertenmeinungen von zentraler Bedeutung für die globale Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen. Der zunehmend digitale Charakter der geschäftlichen Abläufe erfordert, dass Aufsichtsräte neue Kompetenzen erwerben, um wirksames Management zu gewährleisten. Unternehmen stehen vor der Herausforderung, nicht nur die Anforderungen der Digitalisierung, sondern auch die der Nachhaltigkeit, des Klimawandels und anderer Krisensituationen wie militärischen Konflikten zu bewältigen.
Insgesamt zeigt sich, dass die Aufsichtsratsarbeit einer umfassenden Neubewertung bedarf. Der Praxis-Impuls der Universität Göttingen soll dabei helfen, diese Herausforderung proaktiv zu meistern. Zudem müssen die Aufsichtsräte ständig ihre Strategien und Prozesse anpassen, um den sich verändernden Anforderungen gerecht zu werden.