
Die Entwicklung sozialer Medien hat in den letzten zwei Jahrzehnten zahlreiche Unternehmen hervorgebracht, die prägende Einflussfaktoren auf die digitale Vernetzung gespielt haben. Eine besonders interessante Geschichte erzählt die deutsche Plattform studiVZ. Gegründet im Jahr 2005 von Ehssan Dariani und Dennis Bemmann, erreichte studiVZ schnell über 1 Million Nutzer und entwickelte sich zu einer der am schnellsten wachsenden Internetseiten Deutschlands.FAZ berichtet, dass die Plattform vor allem Studierende in Deutschland, Österreich und der Schweiz ansprach und Funktionen wie Profile, Gruppen und Veranstaltungen bot.
In der Blütezeit der Plattform, im Jahr 2009, zählte studiVZ rund 6,2 Millionen Nutzer, konnte jedoch die Verschlechterung ihrer Position im Social-Media-Markt nicht aufhalten. Als Facebook 2006 eine Übernahme des Unternehmens für 5-6 % der Anteile an Facebook anbot, wurde dieses Angebot abgelehnt. Die Gründer von studiVZ verkauften das Unternehmen 2007 schließlich für 85 Millionen Euro an die Verlagsgruppe Holtzbrinck. Dieser Schritt stellte sich als strategischer Fehler heraus, da studiVZ nicht weiterentwickelt wurde und immer mehr Nutzer verlor.gerichte-und-urteile.de weist darauf hin, dass der Grund für das Scheitern unter anderem in den unzureichenden Datenschutzbestimmungen in Deutschland lag, die Facebook begünstigten und studiVZ schädigten.
Die Problemfelder von studiVZ
Die Plattform war jedoch nicht ohne Probleme. Datenschutzskandale und unangemessene Kontakte, insbesondere für minderjährige Mitglieder, führten zu erheblichen Bedenken. Mobbing und die Funktion des „Grüscherns“, die oft als belästigend wahrgenommen wurde, tarnen die anfängliche Begeisterung um studiVZ mit einem dunklen Schatten. CEO Dariani selbst hatte mit Vorwürfen zu kämpfen, unangemessene Inhalte ohne Einwilligung hochgeladen zu haben.FAZ fügt hinzu, dass ein Vergleich in einer Klage durch Facebook geschlossen wurde, um die Offenlegung des Quellcodes zu vermeiden.
Die Nutzerzahlen sanken drastisch. Von über 6 Millionen Nutzern im Jahr 2009 fiel die Zahl bis 2012 auf lediglich 591.000. Nach mehreren gescheiterten Modernisierungsversuchen meldete studiVZ 2017 Insolvenz an und wurde schließlich 2022 komplett eingestellt.gerichte-und-urteile.de führt die geringere Innovationskraft im Vergleich zur Konkurrenz als einen wesentlichen Grund für diesen Abstieg an. Plattformen wie Facebook, XING, LinkedIn und Instagram konnten nicht nur mit ihrer Benutzerfreundlichkeit, sondern auch mit einem internationalen Ansatz punkten.
Ein Rückblick und ein Ausblick
Am 19. Februar wird die NDR-Dokumentation „Gruschel mich! – Die studiVZ-Story“ ausgestrahlt. Sie bietet Einblicke in die Erfahrungen von Ehssan Dariani und die Gründe für die Gründung von studiVZ. Laut FAZ zeigt der Film, dass es einmal einen Moment gab, in dem ein „deutsches Facebook“ denkbar war. Historiker:innen weisen darauf hin, dass die Entwicklung millenniumer sozialer Medien Teil einer längeren ökonomischen und gesellschaftlichen Entwicklung ist, die eng mit der Geschichte der Digitalisierung zusammenhängt, die bereits mit Konrad Zuses ersten Computern 1941 begann.bpb.de hält fest, dass für viele heute genutzte Plattformen der Innovationsgeist entscheidend war.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass studiVZ sowohl ein Beispiel für die Chance als auch die Gefahr in der digitalen Landschaft ist. Während die Plattform in ihrer Anfangszeit vielversprechend war, zeigte sie letztlich die Herausforderungen, die mit kurzsichtigen Geschäftsentscheidungen und unzureichenden Sicherheitsmaßnahmen verbunden sind.