
Der Dachverband der Sorben, Domowina, hat am 4. Februar 2025 eine bedeutende Wahlempfehlung veröffentlicht, die vor dem Hintergrund des wachsenden Rechtsextremismus und antidemokratischer Tendenzen in Deutschland steht. In dem Wahlaufruf wird eindringlich auf die Gefahren hingewiesen, die diese Strömungen für die Vielfalt und die gemeinsamen Werte der Gesellschaft darstellen. Die Empfehlung spricht sich klar gegen eine Stimme für die AfD aus, was die deutliche Positionierung der Sorben zu nationalistischen Bewegungen untermauert. In einem Grundsatzpapier äußerten auch andere Minderheiten, einschließlich der fränkischen Volksgruppe und der Sinti und Roma, Bedenken über den erstarkenden Nationalismus in der Gesellschaft, wie Tag24 berichtet.
Der Wahlaufruf fällt auf einen wichtigen Zeitraum, da die zweite Wahlperiode des Serbski Sejm, der parlamentarischen Vertretung des sorbischen Volkes, gerade beginnt. Der Serbski Sejm, der 2018 ins Leben gerufen wurde, bietet den Sorben eine Plattform zur Selbstbestimmung und zur Stärkung ihrer kulturellen Identität. Der Wahlprozess, der ausschließlich als Briefwahl durchgeführt wird, zielt darauf ab, die Mit- und Selbstbestimmungsrechte der Sorben zu verwirklichen und den Verlust der sorbischen Sprache zu stoppen. Registrierungen für Wähler und Kandidaten sind bereits zu diesem Zeitpunkt möglich, was den Sorben die Chance gibt, an der politischen Mitbestimmung Teil zu haben.
Kulturelle Identität der Sorben
Die Sorben, ein westslawisches Volk, sind seit Jahrhunderten Diskriminierung ausgesetzt, was sich in der Geschichte der sorbischen Sprache und Kultur niederschlägt. Bereits 1910 wurde die sorbische Sprache an Schulen verboten, und es wurde versucht, die Sorben durch Zwangsgermanisierung zu assimilieren. Diese historischen Erfahrungen verbinden die Sorben mit der Notwendigkeit, ihre kulturellen Wurzeln zu wahren und eine Sichtbarkeit in der politischen Landschaft zu entwickeln, was durch die Gründung der Domowina im Jahr 1912 unterstrichen wird. Diese Organisation, die aus 31 sorbischen Vereinen hervorging, setzte sich das Ziel, die sorbische Identität und Sprache zu bewahren, insbesondere nach den Herausforderungen während des Nationalsozialismus, als die Sorben gravierenden Repressionen ausgesetzt waren, wie Deutschlandfunk Kultur zusammenfasst.
Der Serbski Sejm hat sich als neuer politischer Akteur formiert und fordert die Anerkennung der Sorben als indigenes Volk gemäß der UN-Konvention (ILO 169). Diese Bestrebungen stehen jedoch im Konflikt mit der vorhandenen politischen Struktur, insbesondere in Sachsen und Brandenburg, wo die sog. Sorbengesetze bisher nicht die notwendige Unterstützung erhalten. Die Bundesregierung hat bislang keinen Bedarf für eine solche Anerkennung gesehen, obwohl die UN-Konvention 2021 ratifiziert wurde. Der bevorstehende Termin zur Konstituierung des neuen Sejm am 8. Februar 2025 markiert einen weiteren Schritt in der politischen Selbstbestimmung der Sorben, indem er die Chancen für eine stärkere Konsolidierung ihrer kulturellen Position und politischer Mitwirkung erhöht.
Die Debatten um die sorbische Identität und die damit verbundenen politischen Ansprüche sind nicht nur für die Sorben, sondern auch für die gesamte deutsche Gesellschaft von Bedeutung. Der Aufruf „Wir haben etwas zu geben“ unterstreicht den Mehrwert der sorbischen Kultur und Sprache als Teil der vielfältigen deutschen Identität. Die Sorben, die heute von etwa einem Viertel der 60.000 Menschen in den sorbischen Siedlungsgebieten in Nieder- und Oberlausitz sprechen, setzen sich auch dafür ein, traditionelle Bräuche wie das Osterreiten und die Vogelhochzeit zu bewahren, um ihre kulturelle Identität lebendig zu halten, wie in taz zu lesen ist.