
Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising, hat während eines Gottesdienstes am 2. Februar 2025 in der Jesuitenkirche Sankt Michael eindringlich vor dem Erstarken nationalistischer Kräfte gewarnt. Dieser Anlass war besonders bedeutsam, da er auf den 80. Jahrestag der Ermordung des Jesuitenpaters Alfred Delp durch die Nationalsozialisten fiel. Marx betonte, dass Nationalismus, Antisemitismus und Rassismus keine nachhaltigen Lösungen bieten und dass aus der Geschichte gelernt werden muss, um zukünftiges Leid zu vermeiden. Anstatt Unterdrückung und Rache zu propagieren, sei ein Dialog auf Augenhöhe vonnöten, um Frieden und Menschlichkeit zu fördern, wie PNP berichtet.
In seiner Ansprache forderte Marx die Gläubigen speziell auf, in die Fußstapfen des Widerstandskämpfers Delp zu treten und selbst „Zeuginnen und Zeugen der Freiheit“ zu werden. Er stellte klar, dass es in dieser Debatte nicht um eine spezifische Gruppe oder Partei gehe, sondern um das Denken und Handeln aller Menschen. „Die Zeit des NS-Regimes zeigt uns, dass Nationalismus und Extremismus zu nichts Gutem führen. Wir dürfen die Freiheit nicht als selbstverständlich ansehen“, erklärte er. Im Kontext dieser Warnung wies er auch darauf hin, dass die Erkenntnis, dass alle Menschen Brüder und Schwestern sind, ein zentraler Bestandteil des christlichen Glaubens ist, wie Katholisch.de hervorhebt.
Die Bedrohung durch Rechtsextremismus in Europa
Marx‘ Besorgnis über das Wiederaufleben von nationalistischen Strömungen in Deutschland und anderen Ländern ist nicht unbegründet. Die Sicherheitsbehörden in Europa haben die Bedrohung durch rechtsextremistische Gewalt als hoch eingestuft. Laut Berichten des bpb hat sich die Zahl rechtsextremistischer Anschläge in den letzten Jahren verstärkt, wobei zwischen 2013 und 2018 die Zahl der Vorfälle in demokratischen Staaten sich verdreifachte. In Deutschland gab es mehrere terroristische Anschläge, die verdeutlichen, dass das rechtsterroristische Gewaltpotenzial im europäischen Vergleich hoch ist.
Die alarmierenden Entwicklungen zeigen, dass europäische Staaten zunehmend mit einer Vielzahl von rechten Extremisten konfrontiert sind. Insbesondere in den Jahren 2019 und 2020 stellte Bundesinnenminister Horst Seehofer fest, dass Rechtsextremismus die größte Gefahr für die Demokratie darstellt. Auch die Mordfälle in Hanau und die Ermordung des CDU-Politikers Walter Lübcke im Jahr 2019 werfen einen Schatten auf die gesellschaftliche Stabilität. Diese Vorfälle verdeutlichen, wie sehr das Feindbild des Islam unter ultranationalistischen und xenophoben Gruppierungen an Bedeutung gewonnen hat.
Marx‘ Appell, sich selbstkritisch mit diesen Entwicklungen auseinanderzusetzen, könnte in Anbetracht dieser Situation von besonderer Bedeutung sein. Durch Selbstkritik und ein offenes Gespräch über unsere gesellschaftlichen Werte können wir möglicherweise die Grundlagen für eine inklusivere und friedlichere Gesellschaft legen. Es ist von größter Wichtigkeit, die ideologischen Wurzeln des Rechtsextremismus und seine Gefahren zu erkennen, um sie gemeinsam zu bekämpfen.