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Wartezeiten für gesetzlich Versicherte: Zwei Klassen Medizin in Deutschland?

Viele gesetzlich Versicherte warten lange auf Facharzttermine. Eine aktuelle Befragung zeigt Unterschiede in den Wartezeiten und kritisiert die Diskriminierung im Gesundheitssystem. Was sind die Hintergründe?

In Deutschland gibt es eine besorgniserregende Debatte über die ungleiche Behandlung gesetzlich versicherter Patienten. Immer wieder berichten gesetzlich Versicherte von langen Wartezeiten für Facharzttermine, während Privatpatienten oft bevorzugt werden. Eine Befragung des GKV-Spitzenverbandes zeigt deutlich: 31% der gesetzlich Versicherten mussten mehr als 21 Tage auf einen Termin warten, und insgesamt warteten 25% zwischen 8 und 21 Tagen. Im Gegensatz dazu erhielten 45% der Befragten innerhalb einer Woche einen Termin. Die Studie wurde im Frühjahr 2023 durchgeführt.

Die Wahrnehmung über die Wartezeiten scheint sich jedoch zu verbessern. 34% der Befragten waren mit der Wartezeit zufrieden, und 36% fanden sie als akzeptabel. Im Jahr 2022 waren 75% der Befragten mit der Wartezeit zufrieden – ein Anstieg im Vergleich zu 71% im Jahr 2019. Auf der anderen Seite gaben rund 31% an, die Wartezeit als zu lang oder viel zu lang zu empfinden, was einen leichten Rückgang seit 2019 darstellt, als der Anteil bei 29% lag.

Diskriminierung durch Zweiklassenmedizin

Ein zentraler Kritikpunkt ist die Diskriminierung von gesetzlich Versicherten gegenüber Privatpatienten. Zahlreiche Stimmen, darunter Stefanie Stoff-Ahnis vom GKV-Spitzenverband, fordern ein Ende dieser Ungleichheit. Sie äußert, dass bei der Vergabe von Terminen nicht nach der Versicherungsart gefragt werden sollte. Michaela Engelmeier vom Sozialverband Deutschland stärkt diesen Vorwurf, indem sie die Bevorzugung von privat Versicherten anprangert. Als Beispiel wird angeführt, dass gesetzlich Versicherte oftmals Termine in sechs Wochen oder später erhalten, während Privatpatienten oft schon am nächsten Tag einen Termin bekommen.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach unterstützt diese Ansichten und bezeichnet die längeren Wartezeiten für Kassenpatienten als nicht tragbar. Er fordert eine gleiche Behandlung für gesetzlich und privat Versicherte und wirft der Opposition, insbesondere der Union und FDP, eine Blockadehaltung vor, die zur Bildung einer Zweiklassenmedizin beiträgt.

Internationale Vergleiche und Herausforderungen

Eine internationale Analyse zur Wartezeit auf Arzttermine zeigt jedoch, dass Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern relativ gut abschneidet. Laut einer Studie der OECD erhielten 75% der Befragten innerhalb eines Monats einen Termin. In Ländern wie Schweden, Norwegen und Kanada mussten über 50% der Patienten einen Monat oder länger auf einen Arzttermin warten. Nur 3% der Patienten in Deutschland warten mehr als zwei Monate auf einen Termin.

Diese Untersuchung verdeutlicht, dass in Deutschland die meisten Patienten, trotz der kritisierten Wartezeiten, zur Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen ermutigt werden. Dies liegt vor allem daran, dass weniger als 1% der Befragten aufgrund von Wartezeiten oder Kosten auf medizinische Behandlungen verzichtet haben. Die hohe Erreichbarkeit von Hausärzten trug außerdem dazu bei, dass 87% der Befragten keinen Schwierigkeiten hatten, am selben Tag Kontakt zu ihrem Hausarzt aufzunehmen.

Die Vielfalt der Perspektiven zu den Wartezeiten und der Unterschied zwischen den Versicherungsarten rufen nach schnellen Reformen im Gesundheitssystem, die eine faire Behandlung für alle Patienten gewährleisten. Der GKV-Spitzenverband fordert zudem eine gesetzliche Verpflichtung für Arztpraxen, freie Termine tagesaktuell in ein Onlineportal einzustellen. Die Zeit wird zeigen, ob diese Forderungen Gehör finden.

Referenz 1
www.tagesspiegel.de
Referenz 2
www.tagesschau.de
Referenz 3
www.pkv.de
Quellen gesamt
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