
Deutschland richtet seinen Blick zunehmend auf das österreichische Rentensystem, während die BSW-Kanzlerkandidatin Sahra Wagenknecht dringend eine Rentenreform nach diesem Vorbild fordert. Die durchschnittliche gesetzliche Rente in Österreich liegt mit 1.645 Euro pro Monat etwa 500 Euro über dem deutschen Niveau von 1.120 Euro, was die Debatte über notwendige Reformen in Deutschland neu entfacht. Laut Ruhr24 ist die grundlegende Struktur der Rentenversicherung in beiden Ländern unterschiedlich.
Österreichs Rentensystem erfordert, dass Versicherte mindestens 15 Jahre in die Rentenversicherung einzahlen, um einen Rentenanspruch zu erwerben. In Deutschland hingegen ist es nur notwendig, fünf Jahre lang Beiträge zu leisten. Diese Unterschiede in der Einzahlungsdauer tragen wesentlich zu den höheren durchschnittlichen Renten in Österreich bei. Auch die Beitragssätze sind in Österreich mit 22,8% signifikant höher als in Deutschland, wo sie 18,6% betragen. Diese Faktoren werden als entscheidend angesehen für das höhere Leistungsniveau in Österreich.
Einflussfaktoren auf das Rentenniveau
Laut der Deutschen Rentenversicherung (DRV) bestehen systematische Unterschiede zwischen den beiden Ländern, die bei Reformüberlegungen berücksichtigt werden müssen. Dazu gehört auch die unterschiedliche Bevölkerungsstruktur: In Österreich gibt es mehr junge Erwerbstätige, was etwa ein Viertel des Rentenunterschieds ausmacht. Derzeit liegt das Verhältnis von Erwerbsbevölkerung (Alter 20-64) zu Rentenbevölkerung (65+) in Österreich bei 3,2 zu 1, während es in Deutschland nur 2,7 zu 1 beträgt.
Diese demografischen Unterschiede wirken sich auch auf die Finanzierung der Renten aus. In Österreich zahlen fast alle Beschäftigungsgruppen, einschließlich Selbstständiger, verpflichtend in die Rentenversicherung ein, was eine breitere Abdeckung ermöglicht. In Deutschland hingegen sind nur 79% der erwerbsfähigen Menschen beitragspflichtig. Dies gilt insbesondere für Minijobs, die häufig nicht rentenversicherungspflichtig sind.
Rentenanpassungen und Armutsrisiken
Ein weiterer Aspekt sind die Rentenanpassungen. Während in Österreich eine jährliche Anpassung an die Preisentwicklung erfolgt, werden die Renten in Deutschland regelmäßig basierend auf der Lohnentwicklung erhöht. Dies führte in den letzten Jahren zu deutlich höheren Rentenerhöhungen in Österreich, besonders während der Inflationsphasen. In Bezug auf armutsgefährdete Rentner ist der Anteil in Österreich mit 15% niedriger als in Deutschland, wo er 18% beträgt.
Die Reformen im österreichischen Rentensystem sind umfangreich. So soll unter anderem das Rentenalter für Frauen bis 2033 auf 65 Jahre angehoben werden. Des Weiteren wird die abschlagsfreie Frührente abgeschafft und ein Frühstarterbonus eingeführt, um die Erwerbstätigkeit im höheren Alter zu fördern. Für Deutschland sind solche Reformansätze von besonderem Interesse, da hier die Herausforderungen durch zunehmende Altersarmut und sinkende Bundeszuschüsse an die Rentenkassen spürbar werden. Bis 2027 summieren sich die Kürzungen des deutschen Bundeszuschusses auf 8,8 Milliarden Euro, was die Dringlichkeit von Reformen unterstreicht.
Insgesamt zeigt sich, dass Deutschland in der Rentenpolitik von den umfassenden und erfolgreichen Strukturen in Österreich lernen kann. Die Diskussion um Reformen ist in vollem Gange, und das Beispiel Österreich könnte als Anstoß für notwendige Veränderungen in Deutschland dienen, um ein gerechteres und nachhaltigeres Rentensystem zu schaffen.