
Die Leuphana Universität Lüneburg kündigt an, am 7. und 8. Februar 2025 einen internationalen Workshop mit dem Titel „Beyond Restitution: Indigenous Practices, Museums, and Heritage“ zu veranstalten. Das Event beschäftigt sich mit der Rückgängigmachung der gewaltsamen Trennung indigener Kulturgüter von ihren Herkunftsgesellschaften. Anlässlich dieser Veranstaltung drängt die Universität auf eine tiefgehende Diskussion über Restitution und neue Wege der Zusammenarbeit zwischen Museen und indigenen Gemeinschaften.
Zu den Teilnehmern zählen indigene Forscher*innen, Aktivist*innen und Künstler*innen aus Brasilien, Chile und Kolumbien sowie Experten aus deutschen und internationalen Museen. Die Veranstaltung zielt darauf ab, die Perspektiven der Beteiligten zu bündeln und die eigenen Sammlungen unter einem neuen Licht zu betrachten. Die Leuphana ist sich des Bedeutungswandels im Umgang mit Kulturgütern bewusst – ein Wandel, der in den letzten Jahrzehnten an Dringlichkeit gewonnen hat.
Kontext und Relevanz
Die Diskussion über die Rückgabe von Kulturgut kolonialer Herkunft hat ihren Ursprung in den 1970er Jahren, als ehemalige Kolonien ihre Unabhängigkeit erlangten. Viele Kulturgüter, darunter Skulpturen und Manuskripte, wurden während der Kolonialzeit geraubt, was zu anhaltenden Forderungen nach Restitution geführt hat. Diese Forderungen sind oft auf Widerstand in den Museen und Sammlungen in Europa und Nordamerika gestoßen, die sich gegen Rückerstattungsansprüche stellen.
Der Workshop an der Leuphana Universität kommt zur richtigen Zeit, da Deutschland eine der größten Sammlungen indigener Objekte aus dem oberen Rio Negro beherbergt. Die Neueröffnung des brasilianischen Nationalmuseums im kommenden Jahr wird zusätzlich einen Rahmen für diese Diskussion bieten. Ziel des Workshops ist es, Vertreter*innen deutscher Museen dazu einzuladen, ihre Erfahrungen in diesem sensiblen und kontroversen Themenfeld auszutauschen.
Rechtsgrundlagen und internationale Perspektiven
Ein umfassendes Verständnis der Restitution wird auch in dem Thema von internationalem Recht erörtert, welches den Einfluss von britischen, US-amerikanischen und australischen Regierungen sowie Museen auf Rückerstattungsansprüche hervorgehoben hat. Solche Themen werden in Fachliteratur behandelt, die die Herausforderungen für Museumsexperten, internationale Juristen, Archäologen und Anthropologen befasst. Diese umfasst auch die Problematik des internationalen Handels mit Kulturgut, wie in der UNIDROIT-Konvention festgelegt.
In den letzten Jahren kam es zu bemerkenswerten Rückgaben von Kulturgütern an Länder wie Benin, Namibia, Nigeria, Indonesien und Guatemala, was den wachsenden Druck erhöht, diese Themen ernsthaft zu erörtern. In Deutschland sind seit 2019 mehrere Kulturgüter an Namibia und andere Länder restituiert worden, was die Notwendigkeit einer verstärkten Provenienzforschung unterstreicht.
Kulturelle Beziehungen und Dekolonisierung
Die Kultur und Identität der indigenen Gemeinschaften ist eng mit ihrem Kulturerbe verbunden. Daher wird die Rückgabe von Kulturgütern nicht nur als rechtliche Frage betrachtet, sondern auch als entscheidendes Element für das kulturelle Selbstbewusstsein der Herkunftsgesellschaften. Der Bericht von Felwine Sarr und Bénédicte Savoy über die Restitution afrikanischer Kulturgüter aus Frankreich hat in diesem Zusammenhang internationale Aufmerksamkeit erregt und die Diskussion über die Dekolonisierung von Museen angestoßen.
Die Rückgabe von Kulturgütern stellt einen Schritt in Richtung der Rekonstruktion und Wertschätzung von Kulturen dar, die lange Zeit unter kolonialer Herrschaft gelitten haben. Daher ist der bevorstehende Workshop an der Leuphana Universität nicht nur ein bedeutendes Ereignis für die betroffenen Gemeinschaften, sondern auch ein Signal für die Museumswelt, die eigene Rolle in der Aufarbeitung kolonialer Vergangenheit zu überdenken.
Für Interessierte besteht die Möglichkeit, sich bis zum 29. Januar 2025 für den Workshop anzumelden. Der Kontakt kann über die E-Mail-Adresse lias.event@leuphana.de hergestellt werden.