
In Nordrhein-Westfalen finden derzeit bedeutende Bauarbeiten statt, die das Potenzial haben, die Geschichte der Region neu zu schreiben. In Paderborn, einem wichtigen Standort in Ostwestfalen, haben Archäologen während von Ausgrabungen bemerkenswerte Entdeckungen gemacht. Unter den Funden befinden sich nicht nur hochinteressante Objekte, sondern auch Beweise für eine frühmittelalterliche Siedlung, die bis ins 7. und 8. Jahrhundert zurückreicht, also vor der Gründung der karolingischen Pfalz im Jahr 776.
Die Grabungen finden an einem historischen Ort statt, der vor fast 100 Jahren von dem Archäologen Bernhard Ortmann entdeckt wurde, als er ein Urnengrab-Feld aus der Bronzezeit im Winkelland aufdeckte. Dieses Mal sind die Funde jedoch wesentlich umfangreicher. Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) konnten auf über zwei Hektar mehr als 300 mittelalterliche Objekte dokumentieren. Zu den wichtigsten Entdeckungen gehören gut erhaltene Wasserleitungen, eine Wasserschöpfstelle sowie ein komplettes Grubenhaus. Besonders herausragend ist jedoch der Fund eines aufwendig verzierten Schwertgurtbeschlags aus Buntmetall, der auf einen sozial hochstehenden Besitzer hindeutet, wie Stadtarchäologin Sveva Gai erklärt.
Frühmittelalterliche Siedlungen und ihre Bedeutung
Die aktuellen Ausgrabungen, die auf einer Fläche von etwa 1.000 Quadratmetern unter der Aufsicht der Stadtarchäologie Paderborn durchgeführt werden, haben auch Strukturen freigelegt, die auf eine vorkarolingische Siedlung hinweisen. Archäologe Robert Süße, der bei der Baumaßnahme intensiv beteiligt ist, erklärt, dass einige der freigelegten Gruben möglicherweise als Speicherbauten auf Pfosten zur Nahrungsmittelaufbewahrung dienten. Hinzu kommen Gräben, die möglicherweise Reste einer Umzäunung des damaligen Hofes darstellen.
Die Entdeckung von ersten Metallobjekten, darunter ein eiserner Reitsporn, bringt weitere spannende Perspektiven auf die damalige Gesellschaft. Dieser Reitsporn stammt aus dem westlichen Landesteil oder dem Rheinland und deutet auf eine gesellschaftlich hoch angesehene Reiterschaft hin. Archäologen sind gespannt, welche weiteren Erkenntnisse aus den laufenden Untersuchungen gewonnen werden können.
Engagement in der Denkmalpflege
Die Ausgrabungen werden vom St. Johannisstift finanziert, das sich auch für den Denkmalschutz stark macht. Martin Wolf, Vorstandssprecher des St. Johannisstifts, drückt seine Freude über die Verbindung zur Geschichte Paderborns aus und betont die Wichtigkeit der Bewahrung und Erforschung archäologischer Stätten. Die Stadtarchäologie und der LWL arbeiten Hand in Hand, um sowohl die Funde als auch ihre historische Bedeutung zu dokumentieren und zu bewahren.
Die Ergebnisse dieser umfassenden Ausgrabungen könnten nicht nur das regionale Geschichtsverständnis prägen, sondern auch wichtige Einblicke in die Lebensweise und soziale Struktur frühmittelalterlicher Gemeinschaften im Raum Paderborn bieten. Weitere Erkenntnisse werden in den kommenden Wochen erwartet, während die Archäologen weiterhin die Schichten der Vergangenheit aufdecken.
Für detaillierte Informationen zu den bisherigen und laufenden Ausgrabungen in Paderborn können interessierte Leser die Berichte auf derwesten.de und archaeologie-online.de nachlesen. Weitere Informationen über die Arbeit des LWL finden Sie auf lwl-archaeologie.de.