
Am Dienstagmorgen fand im Amtsgericht Überlingen eine Verhandlung gegen einen 36-jährigen Mann statt, der des vorsätzlichen Handels mit Cannabis beschuldigt wird. Laut Südkurier verspätete sich der Angeklagte, da die Polizei ihn nicht an seiner Wohnanschrift antreffen konnte. Ursache war ein missverständliches Kommunikationsproblem, das durch eine Sprachbarriere verstärkt wurde; ein Übersetzer war jedoch für die Verhandlung anwesend.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten vor, zwischen Ende 2022 und September 2023 Cannabis aus einer Asylbewerberunterkunft verkauft zu haben. Dafür wurden insgesamt 32 selbstständige Handelsaktivitäten angeklagt. Der Angeklagte bestritt die Vorwürfe und erklärte, die vorgelegten Mobiltelefone gehörten einem Mitbewohner. Er lebt seit 2017 in Deutschland und hat hier Elektrotechnik studiert, jedoch aufgrund des fehlenden Passes ihre Arbeitserlaubnis verloren. Sein Asylantrag wurde abgelehnt, und er erhält lediglich 400 Euro monatlich zur Verfügung. Der Richter erkundigte sich auch nach möglichen Drogen im Urintest; der Angeklagte gab an, Cannabis und Alkohol konsumiert zu haben.
Drogensituation in Deutschland
Diese Verhandlung findet vor dem Hintergrund einer besorgniserregenden Drogenlage in Deutschland statt. Laut dem Jahresbericht 2023 der Deutschen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (DBDD) bleibt Cannabis die am häufigsten konsumierte illegale Droge im Land. Fast 4,5 Millionen Erwachsene haben 2021 Cannabis konsumiert, was die Notwendigkeit von Hilfsprogrammen verdeutlicht.
Der Bericht hebt hervor, dass etwa 40% der ambulanten und 30% der stationären Behandlungen auf Cannabis- und Cannabinoidkonsum zurückzuführen sind. Burkhard Blienert, der Beauftragte der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen, betont die dringende Notwendigkeit einer umfassenden Drogen- und Suchtpolitik, die sowohl Hilfe bietet als auch gesundheitliche Risiken minimiert.
Verurteilung und Konsequenzen
Im Verlauf der Verhandlung haben Zeugen ausgesagt, dass sie regelmäßig Cannabis vom Angeklagten bezogen hätten. Die Staatsanwältin argumentierte für eine Mittäterschaft des Angeklagten und stellte fest, dass 20 der 32 angeklagten Handelsaktivitäten nicht eingestellt werden. In Anbetracht der vorliegenden Beweise verurteilte der Richter den Angeklagten zu einem Jahr Freiheitsstrafe, auf Bewährung für drei Jahre. Zudem hat der Mann 200 Arbeitsstunden zu leisten und muss sechs Termine bei einer Suchtberatung wahrnehmen.
Der Richter machte deutlich, dass der Angeklagte mehr als nur ein Handlanger war, und äußerte Bedenken bezüglich seiner Zukunftsperspektiven. Diese Verurteilung könnte weitreichende Folgen für ihn haben, zumal die Debatte über Cannabis-Konsum, rechtliche Rahmenbedingungen und Unterstützung für Betroffene in Deutschland weiterhin an Intensität gewinnt.