
In den letzten Monaten sind die Spannungen in der Ostsee deutlich angestiegen, insbesondere aufgrund der Aktivitäten der sogenannten Schattenflotte Russlands. Fregattenkapitän Göran Swistek, ein Experte für maritime Sicherheit beim Bundesverteidigungsministerium, warnt vor häufigeren hybriden Kriegsführungsaktionen, die Russland gegen die NATO unternimmt. Der Vorfall mit dem havarierten Tanker „Eventin“, der mit russischem Öl beladen war, hat dabei besonders ins Gewicht gefallen, da er die Aufmerksamkeit auf die Operationen dieser Schattenflotte lenkte. Kurz vor der Havarie wurden wichtige Kabelverbindungen in der Ostsee mutmaßlich durch einen Tanker der Shadowschiffe beschädigt, was auf direkte Störaktionen hinweist.
Diese Vorfälle sind Teil einer sich zuspitzenden Auseinandersetzung zwischen NATO-Staaten und Russland. Seit der Intensivierung des Konflikts haben sich russische Militärflugzeuge vermehrt dem NATO-Luftraum genähert, was die Befürchtungen einer Eskalation in der Region verstärkt. Russland unternimmt verschiedene Maßnahmen, um Druck auf die NATO auszuüben, wobei die Schattenflotte eine zentrale Rolle spielt.
Schattenflotte und ihre Taktiken
Laut dem israelischen Beratungsunternehmen Windward sind die Schiffe der Schattenflotte meist über 20 Jahre alt und weisen intransparente Eigentums- und Versicherungsverhältnisse auf. Zudem ist häufig ein Wechsel von Flaggenstaat, Schiffsnamen und Eigentümern zu beobachten. Während Russland die international geltenden Regeln des Seerechts ausnutzt, gelingt es ihm, Waren zu transportieren – auch sanktioniertes Öl, das zuvor aus dem Iran stammt.
Ein Beispiel für die Operationen der Schattenflotte ist der Tanker „Limo“, der unter kamerunischer Flagge registriert ist und iranisches Öl transportierte. Mit Methoden wie Ship-to-Ship-Transfers (STS) und dem Manipulieren des automatischen Identifikationssystems (AIS Spoofing) gelingt es den Betreibern, die Herkunft des Öls zu verschleiern und ihre Aktivitäten zu tarnen. Außenministerin Annalena Baerbock hat nach dem Vorfall mit dem Unterwasserkabel zusätzliche Sanktionen gegen diese Schattenflotte gefordert. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace schätzt, dass rund 200 Schiffe im Auftrag Russlands Öl exportieren.
Konsequenzen und Sicherheitsmaßnahmen
Der Vorfall, bei dem der Tanker „Eagle S“ von finnischen Sicherheitskräften festgesetzt wurde, zeigt die Gefahren, die von diesen ungeprüften Schiffen ausgehen. „Eagle S“ wies mehr als 30 Mängel auf und wurde als nicht seetauglich erklärt, was auf eine vernachlässigte Sicherheitsüberprüfung hindeutet. Sicherheitsexperte Johannes Peters hebt hervor, dass Schiffe der Schattenflotte nicht nur Sanktionen umgehen, sondern auch in der Lage sind, feindliche Infrastruktur gezielt anzugreifen.
Um eine weitere Eskalation der Situation zu verhindern, wird eine erhöhte NATO-Präsenz in der Ostsee erwartet. Experten betonen die Notwendigkeit einer kohärenten Sicherheitsstrategie und einfacher Schutzmaßnahmen für kritische Infrastrukturen, insbesondere in Deutschland. In diesem Zusammenhang spielt das KRITIS-Dachgesetz eine entscheidende Rolle, um den Schutz dieser Infrastruktur zu verbessern, wobei bislang viele Systeme privat betrieben werden.
Die Herausforderung für die NATO besteht darin, jegliche rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, ohne gegen internationales Recht zu verstoßen. Der Schutz kritischer Infrastrukturen und die Gewährleistung der Sicherheit in den maritimen Räumen sind für die Region von zentraler Bedeutung.
Die Situation in der Ostsee bleibt angespannt, während die internationalen Akteure versuchen, auf die neuen Bedrohungen zu reagieren und gleichzeitig die geopolitischen Spannungen im Auge zu behalten.