
Elon Musk, CEO von X (ehemals Twitter), sorgte für Kontroversen mit seinem Besuch im Konzentrationslager Auschwitz im Januar 2024. Begleitet von Rabbi Menachem Margolin, dem Holocaust-Überlebenden Gidon Lev und dessen Sohn, posierte Musk vor dem Tor des ehemaligen Lagers mit dem berüchtigten Schriftzug „Arbeit macht frei“. Julie Gray, die Lebensgefährtin von Gidon Lev, äußerte auf Facebook, dass Musk während des Besuchs desinteressiert wirkte und mehr auf sein eigenes Image bedacht war. Ihr zufolge habe Musk sogar bei der Kranzniederlegung Lev übersehen, was seine Umgangsformen in einem solch sensiblen Kontext in Frage stellte.
Gray, die mehrere Stunden mit Musk im Lager verbrachte, bezeichnete ihn als „Soziopath und Troll“, insbesondere in Bezug auf seine Reaktionen auf die einhergehende Kritik. Dies geschah in einem Umfeld, in dem Musk kurz vor seinem Besuch einen antisemitischen Beitrag auf X veröffentlicht hatte. Die Anti-Defamation League kritisierte öffentlich die Verbreitung von Antisemitismus auf der Plattform und forderte eine gründliche Überprüfung entsprechender Inhalte.
Die Reaktionen auf Musks Besuch
Es gab zahlreiche Reaktionen auf Musks Besuch. So verteidigte der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu Musk und bezeichnetete ihn als „großen Freund von Israel“. Gleichzeitig authentifizierten prominente jüdische Führer Musks Besuch in Auschwitz als Möglichkeit, das Bewusstsein für den Holocaust zu schärfen. Besonders im Kontext eines bevorstehenden Vortrags von Musk zur Bekämpfung von Antisemitismus bei einer Konferenz der European Jewish Association (EJA) wurde sein Besuch als wichtig erachtet.
Die EJA selbst hob hervor, dass Antisemitismus in Europa besonders seit dem Krieg in Gaza zugenommen hat. Dies geschah vor dem Hintergrund, dass antisemitische Vorfälle in den sozialen Medien zugenommen hatten, die möglicherweise auch durch Personen wie Musk verstärkt wurden. Nach Musks unangemessenen Kommentaren zu einem antisemitischen Beitrag, machten große Werbetreibende wie Apple und Disney eine Werbepause auf der Plattform, was Musks Maßnahmen und Aussagen weiter in Frage stellte.
Antisemitismus im Internet
Im Kontext der Debatte über Antisemitismus wurden neue Forschungsergebnisse zu diesem Phänomen veröffentlicht. Ein interdisziplinäres Forschungsprojekt der HTW Berlin hat die Entwicklung von Antisemitismus in Online-Kommentarbereichen in Großbritannien, Frankreich und Deutschland untersucht. Die Studie, geleitet von Prof. Dr. Helena Mihaljević, deckte auf, dass etwa 80 bis 85 Prozent des Antisemitismus in politisch gemäßigten Online-Milieus implizit ist, oft in Form von Anspielungen, Wortspielen oder rhetorischen Fragen.
Besonders nach dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 wurde eine neue Form der antisemitischen Kommunikation beobachtet. Diese bewegte sich weg von traditionellen Stereotypen hin zu Selbstpositionierungen, die den Terror im Gaza-Konflikt gutheißen. Die Unterschiede in der Verbreitung von Antisemitismus variierten erheblich zwischen den Ländern, wobei Großbritannien die höchste Rate verzeichnete, gefolgt von Frankreich und Deutschland.
Insgesamt stehen Musks Aussagen und Handlungen in einem größeren Kontext, der die Herausforderungen beim Umgang mit Antisemitismus in den sozialen Medien verdeutlicht. Sein Auschwitz-Besuch könnte somit sowohl eine konfrontative als auch eine lehrreiche Dimension in der aktuellen Diskussion um den Holocaust und modernes Antisemitismus aufzeigen.
Für weiterführende Informationen siehe Kölnische Rundschau, BBC News und HTW Berlin.