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Georgien verstärkt konservativen Kurs: Neues Gesetz schränkt LGBTQ-Rechte ein

Am 24. Januar 2025 zeigt Georgien einen besorgniserregenden Kurs: Ein neues Gesetz schränkt LGBT-Rechte ein, während sich die geopolitische Lage und die Beziehungen zur EU weiter zuspitzen.

Der Kaukasusstaat Georgien hat in letzter Zeit große politische und gesellschaftliche Spannungen erlebt. Besonders schockierend für viele Beobachter war die Verabschiedung des Gesetzes „Über Familienwerte und den Schutz von Minderjährigen“, das die Rechte von LGBTQ+-Personen stark einschränkt. In den letzten Jahren entwickelte sich Georgien zunehmend in Richtung eines konservativen Ansatzes, der im Widerspruch zu den Erwartungen einer breiteren Integration in die Europäische Union steht.

Das neue Gesetz, das am 17. September beschlossen wurde und am 24. Januar 2025 in Kraft trat, sieht vor, die „Propaganda von gleichgeschlechtlichen Beziehungen“ in Schulen und Medien zu verbieten. Es schränkt auch geschlechtsangleichende Maßnahmen sowie Adoptionen durch homosexuelle Paare ein. Ferner werden gleichgeschlechtliche Ehen, die im Ausland geschlossen wurden, in Georgien für ungültig erklärt. Laut der Regierungspartei Georgischer Traum, die das Gesetz initiiert hat, ist das Hauptargument für diese Regelungen der Schutz von Familien und Kindern. Parlamentschef Schalwa Papuaschwili hat die Gesetzgebung unterzeichnet, während Präsidentin Salome Surabischwili sich zwar gegen das Gesetz aussprach, jedoch kein Veto einlegte.

Proteste und gesellschaftliche Reaktionen

Die Verabschiedung des Gesetzes führte zu Protesten und Unruhen in Tiflis, insbesondere von Aktivisten, die die Helsinki-Kommission unterstützen. Diese grupperierten sich gegen den patriotischen Kurs der Regierung, der viel Zustimmung in der Gesellschaft findet. Mehr als die Hälfte der Georgier befürwortet das Gesetz und die damit verbundene Regelung zur Transparenz der ausländischen Finanzierung von NGOs. Diese Entwicklungen geschehen in einem Umfeld, in dem Georgien anstrebt, ein EU-Beitrittskandidat zu bleiben, jedoch gleichzeitig die Übernahme von LGBTQ+-Rechten abgelehnt wird.

Die gesellschaftliche Grundstimmung in Georgien ist stark von traditionellen Werten geprägt, die oft durch die Georgische Orthodoxe Kirche unterstützt werden. Eine Umfrage aus dem Jahr 2022 ergab, dass zwar 56% der Befragten die Wahrung von LGBTQ+-Rechten befürworten, jedoch betonen, dass diese nicht anderen aufgezwungen werden sollten. Diese duale Haltung spiegelt die komplexe Situation wider, in der sich das Land befindet, während es zwischen dem Bestreben steht, nach Europa zu schauen und den tief verwurzelten konservativen Werten treu zu bleiben.

Kritik aus der EU und geopolitische Implikationen

Die EU und Menschenrechtsorganisationen haben das georgische Gesetz scharf kritisiert und als fördernd für Diskriminierung und Stigmatisierung von sexuellen Minderheiten eingestuft. EU-Außenbeauftragter Josep Borrell forderte die georgische Regierung auf, das Gesetz zurückzuziehen, was die Beziehungen zwischen Georgien und der EU zusätzlich belastet. Diese Spannungen treten vor dem Hintergrund eines geopolitischen Spiels auf, in dem Georgien versucht, sich zwischen der EU und Russland zu positionieren. Das Land hat intensive wirtschaftliche Beziehungen zu Russland entwickelt, was den Tourismus und die Energieversorgung stärkt, jedoch genau die liberalen Strömungen schwächt, die für eine EU-Integration von entscheidender Bedeutung wären.

Die Regierungspartei Georgischer Traum verfolgt einen dualen Ansatz: Sie fordert eine Verfassungsänderung, die die Ehe als die Vereinigung eines „alleinstehenden genetischen Mannes und einer alleinstehenden genetischen Frau“ definiert. Beobachter vermuten, dass solche Gesetzesänderungen nach den Wahlen im Oktober 2023 verabschiedet werden könnten. Diese Bestrebungen wecken Besorgnis hinsichtlich einer weiteren Politisierung von LGBTQ+-Rechten in Georgien und parallelen Entwicklungen zu den restriktiven Gesetzen in Russland.

Insgesamt zeigt Georgiens jüngste Gesetzgebung sowohl die tief verwurzelten gesellschaftlichen Konflikte als auch die komplexe geopolitische Dynamik auf, in der das Land gefangen ist. Der fortdauernde Druck der EU auf die Anerkennung von Menschenrechten steht im Widerspruch zu einem patriotischen Diskurs, der nicht nur LGBTQ+-Rechte, sondern auch die Integrationsbestrebungen des Landes in Frage stellt.

Für weitere Informationen: Unser Mitteleuropa, Tagesschau, DW.

Referenz 1
unser-mitteleuropa.com
Referenz 2
www.tagesschau.de
Referenz 3
www.dw.com
Quellen gesamt
Web: 17Social: 192Foren: 76