
Am 23. Januar 2025 fand eine Lesung über den bedeutenden Künstler Gerhard Richter im Kunstpalast Düsseldorf statt. Der Anlass wurde vom Verein der Freunde des Kunstpalastes organisiert und diente der Vorstellung des neuen Buchs von Uwe M. Schneede, einem 86-jährigen Kunsthistoriker und Kurator. Schneedes Werk trägt den Titel „Gerhard Richter – Der unbedingte Maler“ und bietet eine umfassende, übersichtliche Darstellung von Richters malerischem Gesamtwerk. Im Gespräch mit Felix Krämer, dem Generaldirektor der Stiftung Museum Kunstpalast, teilte Schneede seine tiefen Einblicke in das Leben und die Kunst Richters.
Uwe M. Schneede begann seine Laufbahn als wissenschaftlicher Assistent an der Kunsthalle Düsseldorf im Jahr 1967. Später wurde er Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Über die Jahre entwickelte er eine enge Beziehung zu Richter und seiner Frau, die sein Buchprojekt unterstützten. Dies war von Bedeutung, da Schneede regelmäßig Kontakt zu ihnen hatte und dadurch tiefere Einblicke in Richters Schaffen erhielt. Ein zentraler Punkt seiner Betrachtung ist die Vielschichtigkeit und die Widersprüche in Richters Werk und Lebensweg.
Der ungebundene Künstler
Richter reflektierte stets unterschiedliche Stile und Methoden in seiner Arbeit. Er hat sich nie auf einen bestimmten Stil festgelegt und arbeitet sowohl figürlich als auch abstrakt. Zentrale Techniken, die er erforschte, sind Fotografie und Malerei, wobei seine bekanntesten Werke oft eine verschwommene oder weichgezeichnete Ästhetik aufweisen. Die Verwendung von Foto-Übermalungen und komplexer Überlagerung schafft eine neue Form der Darstellung, die mit verschiedenen Erinnerungen und der deutschen Geschichte verknüpft ist. So entstand auch sein bekanntes Werk, der „Birkenau“-Zyklus, der die malerische Auseinandersetzung mit der Geschichte des Holocaust thematisiert und auf Fotografien von Auschwitz basiert.
Trotz moderner Strömungen wie Fluxus und den Happenings, die Richards Schaffen in den 1960er Jahren prägten, wollte er nie ein Rebell sein. Stattdessen strebte er danach, seine eigene künstlerische Identität zu finden und diese durch verschiedene Techniken und Stile auszudrücken. Diese Methode zeigt sich besonders in seinen monochromen grauen Bildern, die während einer kreativen Krise entstanden, als er nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten suchte.
Ein facettenreicher Zeitgenosse
Richters Werk ist durch eine Vielfalt von Bildern gekennzeichnet, die sowohl zurückhaltend als auch herausfordernd sind. Seine berühmtesten Werke, darunter die fotorealistischen Ölgemälde wie das Bild „Betty“, das den Hinterkopf seiner Tochter zeigt, illustrieren seine Fähigkeit, Emotionen in einem subtilen, beinahe unsichtbaren Format zu erfassen. Darüber hinaus experimentierte er mit dreidimensionalen Installationen, die das Verhältnis zwischen Kunst und dem Raum um sie herum erweitern, wie beispielsweise beim „Richter-Fenster“ im Kölner Dom, das aus 11.000 bunten Glasstücken besteht und eine ganz eigene Dimension in Richters Arbeiten eröffnet.
Die Erfolge Richters sprechen für sich: Seine Werke wurden in großen Museen weltweit ausgestellt, und „Abstraktes Bild 599“ erzielte 2015 bei einer Auktion spektakuläre 45 Millionen Dollar. Unter den zentralen Themen seiner Kunst steht das Verhältnis zwischen Erinnerung und Geschichte, insbesondere im Kontext der deutschen Vergangenheit. Der „Birkenau“-Zyklus, der auch im Westeingang des Berliner Reichstags ausgestellt ist, symbolisiert Deutschlands fortwährende Auseinandersetzung mit der Nazi-Diktatur. Norbert Lammert formulierte es prägnant: „Wer in diesen Platz der deutschen Demokratie will, der muss hier durch. Zwischen ‚Birkenau‘ und Nationalflagge.“