
Das Landgericht Braunschweig hat den Befangenheitsantrag von Martin Winterkorn, dem ehemaligen VW-Konzernchef, gegen den zuständigen Richter zurückgewiesen. Dies berichtet der Weser-Kurier. Die Verteidigung des 66-Jährigen hatte argumentiert, dass das Vertrauen in die Unvoreingenommenheit des Richters durch dessen Verhalten erheblich beeinträchtigt wurde.
Ein strittiger Punkt war die Neuterminierung des Prozesses, die für den 4. Februar 2025 angesetzt wurde, bevor eine gerichtlich angeordnete Gesundheitsbegutachtung Winterkorns stattfand. Tatsächlich hob das Gericht alle für den 4. Februar geplanten Hauptverhandlungstermine auf, unabhängig von der Entscheidung zum Befangenheitsantrag.
Gesundheitszustand und Anklagepunkte
Die Kammer geht davon aus, dass Winterkorn aus gesundheitlichen Gründen „mindestens in den nächsten Monaten“ nicht an Gerichtsverhandlungen teilnehmen kann. Aktuell sieht die Gerichtsbarkeit keinen Termin für den Beginn der Hauptverhandlung. Über den Neubeginn des Verfahrens wird informiert, sobald eine Entscheidung darüber getroffen wird.
Martin Winterkorn wird gewerbsmäßiger Betrug, Marktmanipulation und uneidliche Falschaussage vorgeworfen. Er hat alle Vorwürfe entschieden zurückgewiesen, und es gilt die Unschuldsvermutung.
Der VW-Skandal und seine Folgen
Der Kontext dieser juristischen Auseinandersetzung ist der weltbekannte VW-Skandal, auch bekannt als „Dieselgate“, der am 18. September 2015 ausbrach. Laut einem Artikel von Tagesschau meldete die US-Umweltbehörde EPA, dass rund 482.000 Fahrzeuge von Volkswagen gegen den Clear Air Act verstießen. Dies geschah durch die Manipulation von Software in VW- und Audi-Fahrzeugen, die es diesen ermöglichte, Emissionsvorschriften zu umgehen.
Martin Winterkorn trat am 23. September 2015 als CEO von Volkswagen zurück, nur wenige Tage nach dem Bekanntwerden des Skandals. Matthias Müller, der damalige Porsche-Chef, übernahm seine Position am 25. September 2015.
Die Dimensionen des Skandals sind enorm: Weltweit sind schätzungsweise rund 11 Millionen Fahrzeuge betroffen, darunter 2,4 Millionen in Deutschland. Die VW-Aktie fiel zeitgleich um bis zu 20 Prozent und der Umsatz in den USA integrierte einen Rückgang von 25 Prozent. Auch hatte der Skandal erhebliche Auswirkungen auf die Produktions- und Personalsituation im Unternehmen, was zu einem Nettoverlust von 1,67 Milliarden Euro im dritten Quartal 2015 führte und zur Entlassung mehrerer Führungskräfte führte.
Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt in dieser Causa, während ein Rückruf der manipulierten Fahrzeuge für Anfang 2016 geplant ist. Die Umrüstung der betroffenen Fahrzeuge wird voraussichtlich zwischen 30 Minuten und einer Stunde in Anspruch nehmen.
Es bleibt abzuwarten, wie sich die gesundheitlichen und juristischen Herausforderungen für Martin Winterkorn entwickeln werden. Die Vorwürfe und deren Reichweite haben nicht nur individuelle Folgen, sondern werfen auch ein Schlaglicht auf die unternehmerische Verantwortung und die erforderlichen Änderungen in der Unternehmenskultur bei Volkswagen.