
Am 23. Januar 2025 hat die südkoreanische Antikorruptionsbehörde (CIO) offiziell empfohlen, Präsident Yoon Suk-yeol wegen Aufstand und Machtmissbrauch anzuklagen. Diese Entscheidung basiert auf einer Untersuchung seiner kurzlebigen Martial-Law-Erklärung, die er Anfang Dezember 2024 verhängte. Laut den Ermittlungen der CIO hat Yoon die zivile Herrschaft in einer Weise ausgesetzt, die darauf abzielte, die staatliche Autorität zu untergraben und die verfassungsmäßige Ordnung zu stören. Dies ist eine der schwerwiegendsten Anschuldigungen, die je gegen einen amtierenden Präsidenten in Südkorea erhoben wurden, und ein beispielloser Schritt in der Geschichte des Landes.
Yoon wurde am 14. Dezember 2024 durch eine Abstimmung der Nationalversammlung seines Amtes enthoben und ist seitdem von seinen Pflichten suspendiert. Die Staatsanwaltschaft in Seoul hat nun einen Zeitraum von 11 Tagen, um zu entscheiden, ob Yoon tatsächlich wegen dieser schweren Vorwürfe angeklagt wird. Infolge seiner Festnahme, die letzte Woche in seiner Wohnung in Seoul stattfand, haben die Ermittler maximal 48 Stunden Zeit für ein Verhör, gefolgt von einer Entscheidungsphase bezüglich einer möglichen strafrechtlichen Verfolgung.
Politische Krise und Proteste
Yoon verbarrikadierte sich während seiner Präsidentschaft in der offiziellen Residenz, geschützt durch Mauern, Stacheldraht und Sicherheitsdienste. Sein Versagen, die Opposition in einem Haushaltsstreit zu überzeugen, führte nicht nur zu seiner selbstauferlegten Isolation, sondern auch zu massiven landesweiten Protesten. Viele Anhänger des Präsidenten gingen auf die Straße, um ihn zu unterstützen, während die politische Krise immer weiter eskalierte.
In einer Videobotschaft bezeichnete Yoon die laufenden Ermittlungen als illegal und stellte den Zustand des Rechtsstaats in Südkorea infrage. Er veröffentlichte zudem einen handgeschriebenen Brief auf Facebook, in dem er seine Handlungen rechtfertigte. Trotz dieser öffentlichen Verteidigungen haben die Vorwürfe, die gegen ihn erhoben werden, den politischen Raum der Nation stark polarisiert. Der Fraktionsvorsitzende der größten Oppositionspartei nannte Yoon einen „Schwerverbrecher“ und untermauerte somit den politischen Druck auf seine Regierung.
Rechtliche Herausforderungen und politische Zukunft
Nach südkoreanischem Recht kann ein Präsident in Fällen von Aufstand nicht auf Immunität pochen. Die Konsequenzen einer solchen Anklage könnten lebenslange Haft oder sogar die Todesstrafe nach sich ziehen, obwohl in Südkorea ein Moratorium auf Hinrichtungen verhängt wurde. Yoons politische Zukunft liegt aktuell auch in den Händen des Verfassungsgerichts, das 180 Tage hat, um über seine Amtsenthebung zu entscheiden.
In einer ersten Anhörung vor dem neunköpfigen Gericht bestritt Yoon, Abgeordnete gewaltsam aus der Nationalversammlung entfernt zu haben. Er verwies darauf, dass diese Abgeordneten sich an einem anderen Ort hätten versammeln können, um die erlassenen Dekrete aufzuheben. Neben Yoons Verfahren steht auch die Amtsenthebung seines Interimspräsidenten Han Duck-soo unter Beobachtung, die für die politische Stabilität des Landes von Bedeutung ist. Finanzminister Choi Sang-mok hat seit dem 27. Dezember 2024 die Amtsgeschäfte übernommen und äußerte Besorgnis über die politische Unsicherheit und deren Auswirkungen auf die Wirtschaft und nationale Sicherheit.
Die nächste Anhörung über Yoons politische Zukunft ist für den 3. Januar 2025 angesetzt. Ein umfassendes Urteil des Verfassungsgerichts könnte entscheidend für die Bildung einer neuen Regierung und die politische Stabilität in Südkorea sein. Wie die politische Kultur im Land weiterhin von Konfrontation und tiefem Misstrauen geprägt bleibt, ist eine Frage, die sowohl die Behörden als auch die Bürger intensiv beschäftigt.