
Im Oberlandesgericht Celle hat der Prozess gegen eine 39-Jährige aus dem Landkreis Hildesheim begonnen, die sich wegen ihrer mutmaßlichen Rolle in einer rechtsextremistischen Gruppierung, der „Kaiserreichsgruppe“, verantworten muss. Die Staatsanwaltschaft wirft der Angeklagten die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung sowie die Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens vor. Zudem wird ihr der illegale Besitz eines Schlagrings angelastet. Am ersten Verhandlungstag zog sie sich hinter einem Aktenordner zurück und äußerte sich zunächst nicht zu den Vorwürfen, plant jedoch, später Stellung zu nehmen. Laut den Informationen von der Mopo wurde der Prozess mit mehr als 20 Verhandlungstagen angesetzt, um die genauen Umstände der Anklage und die Rolle der Angeklagten zu beleuchten.
Die Anklage gegen die Frau ist Teil eines umfassenderen Ermittlungsverfahrens, in dem die „Kaiserreichsgruppe“ in den Fokus der Sicherheitsbehörden gerückt ist. Diese mutmaßlich rechtsterroristische Organisation, auch bekannt als „Vereinte Patrioten“, entstand im Herbst 2021 und wurde im April 2022 bekannt. Ihr Ziel war es, einen Bürgerkrieg auszulösen und die bestehende Staatsordnung zu stürzen, indem der Gesundheitsminister Karl Lauterbach entführt und ein bundesweiter Stromausfall herbeigeführt werden sollte. Diese Pläne wurden von mindestens 1500 Mitgliedern verfolgt, wie die Angeklagte selbst angab.
Hintergrund der „Kaiserreichsgruppe“
Laut der Wikipedia-Seite über die Vereinten Patrioten schlossen sich deren Mitglieder vor allem aus der Reichsbürger- und Querdenkerbewegung zusammen. Die Gründer Sven Birkmann und Thomas O. radikalisierten sich während der COVID-19-Proteste, was zur Bildung dieser Gruppe führte. Im Rahmen von konspirativen Treffen wurden Pläne entwickelt, um einen großen Umsturz herbeizuführen. Es sind Verbindungen zur Terrorgruppe „Patriotische Union“ bekannt, und Razzien im April 2022 führten zur Festnahme mehrerer Mitglieder. Insgesamt wurden elf Personen als mutmaßliche Mitglieder oder Unterstützer festgenommen, während gegen fünf führende Mitglieder bereits seit Mai 2023 in Koblenz ermittelt wird.
Bemerkenswert ist, dass vergangene Vorfälle zeigen, wie ernst die Bedrohungen genommen werden. So erhielt Lauterbach infolge der Pläne der Gruppe Personenschutz, was die besorgniserregende Gefährlichkeit der Situation unterstreicht. Die Generalstaatsanwaltschaft Celle hat in diesem Zusammenhang mehrere Verfahren gegen weitere Mitglieder der „Kaiserreichsgruppe“ an verschiedenen Oberlandesgerichten eingeleitet und damit eine koordinierte Strategie zur Bekämpfung dieser Bedrohungen ausgearbeitet.
Rechtsextremismus in Deutschland
Der Prozess in Celle steht im Kontext eines besorgniserregenden Anstiegs rechtsextremistischer Aktivitäten in Deutschland. Laut dem Verfassungsschutz ist das Personenpotenzial gewaltorientierter Rechtsextremisten auf etwa 14.500 gestiegen, während sich die Gesamtzahl rechtsextremistischer Personen auf 40.600 belief. Im Jahr 2023 verzeichnete man 25.660 rechtsextremistische Straftaten, einen Anstieg von 22,4 % im Vergleich zum Vorjahr. Diese Entwicklung zeigt die alarmierende Zunahme von Gewalt und Extremismus in der Gesellschaft, besonders im Hinblick auf fremdenfeindliche Tendenzen.
Der Fall der 39-Jährigen aus Hildesheim ist daher nicht isoliert, sondern Teil eines breiteren Phänomens, das die Sicherheitsbehörden vor erhebliche Herausforderungen stellt. Die kommenden Verhandlungstage werden entscheidend sein, um zu klären, inwieweit die Angeklagte und möglicherweise andere Mitglieder dieser Gruppen in der Lage sind, gefährliche Pläne in die Tat umzusetzen.