
Dr. Ramona Schuppner, Neurologin an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), hat sich zum Ziel gesetzt, das Schlaganfallrisiko besser vorhersagen zu können. Ihre Forschungen konzentrieren sich auf die Lipid-Messungen im Blut und deren Zusammenhang mit der Entstehung von Arteriosklerose. Ischämische Schlaganfälle, die auftreten, wenn das Gehirn nicht ausreichend durchblutet wird, sind oft das Ergebnis von Verengungen in den Halsschlagadern, die in etwa 15 % der Fälle vorkommen. Diese Verengungen, auch Stenosen genannt, sind in der Regel durch Arteriosklerose bedingt, bei der Cholesterin und andere Elemente zur Bildung von Plaques in den Gefäßwänden führen.
Die von Dr. Schuppner geleiteten Untersuchungen zielen darauf ab, herauszufinden, welche Art von Stenosen asymptomatisch bleiben und somit kein sofort erkennbares Schlaganfallrisiko darstellen. „Es gibt diese asymptomatischen Stenosen, die mit Plaques im Zusammenhang stehen, ohne dass die Patienten klinische Symptome zeigen“, erklärt sie. Wenn Plaques jedoch instabil sind, können sie zu gefährlichen Verschlüssen in kleineren Gehirngefäßen führen.
Einblicke in die Plaquebildung
Ein bedeutender Teil von Dr. Schuppners Forschung befasst sich mit der Rolle von Lipoprotein (a) [Lp(a)] und oxidierten Phospholipiden in der Plaquebildung. Hohe Werte von Lp(a) sind mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und ischämische Schlaganfälle verbunden, selbst wenn die LDL-Cholesterin-Werte niedrig sind. Studien zeigen, dass Lp(a) den höchsten Anteil an oxidierten Phospholipiden aufweist, die als Risikofaktor für die Entstehung instabiler Plaques vermutet werden.
Zusammen mit Dr. Gerrit Große vom Universitätsspital Basel untersucht Dr. Schuppner die Wechselwirkungen von Lp(a) und Phospholipiden. Dabei stehen die Unterschiede zwischen symptomatischen und asymptomatischen Plaques im Mittelpunkt, die zukünftig die Entscheidungsfindung in der Therapie beeinflussen könnten. Ziel dieser umfassenden Forschung ist eine personalisierte Therapieempfehlung, die sowohl den Grad der Einengung der Gefäße als auch die spezifische Zusammensetzung der Plaques berücksichtigt.
Ökonomische Unterstützung und Zukunftsperspektiven
Dieses Forschungsprojekt wird von der Willi Zimmermann-Stiftung mit 10.000 Euro im Rahmen des D-A-CH Förderpreises Lipidologie unterstützt. Durch diese finanzielle Hilfe wird es Dr. Schuppner und ihrem Team ermöglicht, tiefergehende Erkenntnisse über die Blutfette und deren Einfluss auf Schlaganfälle zu gewinnen.
Zusätzlich steht die Forschung im Kontext der „Fetthypothese der koronaren Herzkrankheit“, die besagt, dass gesättigte Fettsäuren die LDL-Cholesterin-Konzentration erhöhen und somit kardiovaskuläre Erkrankungen begünstigen. Diese Hypothese hat seit den 1960er Jahren die Ernährungsempfehlungen in den USA und Europa stark beeinflusst. Aktuelle Untersuchungen zeigen jedoch, dass der Konsum von gesättigten Fettsäuren (SFA) nicht unbedingt mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko einhergeht.
Die Evidenz zeigt, dass LDL-Cholesterin (LDL-C) als Marker für kardiovaskuläre Erkrankungen nicht immer zuverlässig ist. Auf dieser Grundlage wird die Notwendigkeit von personalisierten Ernährungsempfehlungen betont, die genetische und metabolische Faktoren berücksichtigen. In der zwischenzeitlichen Betrachtung ist es wichtig zu verstehen, dass die Beziehung zwischen Nahrungsfetten und Gesundheit weitreichend und komplex ist, weshalb isolierte Betrachtungen oftmals unzureichend sind. Künftige Forschung muss darauf abzielen, diese komplexen Zusammenhänge besser zu verstehen, um fundierte Empfehlungen für die Bevölkerung zu erstellen.
Insgesamt zeigen die Arbeiten von Dr. Schuppner und die kontextuelle Forschung auf, wie kritisch das Verständnis von Lipiden und deren Einfluss auf Erkrankungen ist und wie wichtig es ist, individuelle Therapieansätze zu entwickeln, die auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren. Vom Standpunkt der Gesundheitsversorgung wird dieser Ansatz essenziell sein, um das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen entscheidend zu senken.