
Aktuelle Forschungen zur Planetenentstehung haben bahnbrechende Erkenntnisse geliefert, die unser Verständnis dieser komplexen Prozesse erweitern. Forscher der Universität Duisburg-Essen (UDE) haben mit einer neuartigen Experimentierreihe, die auf einer ESA-Forschungsrakete in einer Höhe von 270 km durchgeführt wurde, die Dynamik von Staubpartikeln in protoplanetaren Scheiben untersucht. Über einen Zeitraum von sechs Minuten Schwerelosigkeit konnten sie beobachten, wie Staubkörner und Gesteinsfragmenten zu Agglomeraten anwuchsen.
Die Studien zeigen, dass Planeten sich durch Akkretion von Staub und Gestein in einer um einen jungen Stern befindlichen protoplanetaren Scheibe bilden. Diese Scheibe besteht zu 99% aus Gas und nur zu 1% aus Staub. Die dabei entstehenden Agglomerate können schließlich zu Planetesimalen heranwachsen. Typischerweise haben diese ersten festen Körper einen Durchmesser von 1 bis 100 km und ziehen durch gravitative Wechselwirkungen weitere Materie an, wachsen dann zu Protoplaneten und letztlich zu Planeten.
Der Einfluss elektrostatischer Aufladung
Ein zentrales Ergebnis der UDE-Forscher ist, dass Staubkörner ab etwa 1 mm Größe zumeist nicht wachsen können, weil sie bei Kollisionen entweder abprallen oder zerbrechen. Stattdessen haben sie gezeigt, dass wiederholte Kollisionen zu einer elektrostatischen Aufladung der Partikel führen, wodurch sie sich gegenseitig anziehen. Die maximale Kollisionsgeschwindigkeit, um dem Wachstum keinen Abbruch zu tun, beträgt 0,5 m/s. Agglomerate bleiben bis zu dieser Geschwindigkeit stabil, doch darüber droht Erosion.
Die Ergebnisse dieser Experimente unterstützen bestehende physikalische Modelle zu protoplanetaren Scheiben und dem Wachstum von Partikeln. Bisherige Forschungen in Falltürmen mussten sich mit deutlich kürzeren Messzeiträumen von lediglich neun Sekunden in Schwerelosigkeit begnügen. Die aktuellen Studien eröffnen somit neue Perspektiven für die Planetologie.
Zusammenarbeit und Erfolge in der Forschung
Die Forschung wurde vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klima unterstützt. In einem weiteren bedeutenden Projekt mit dem Titel DUSTPRINTS, das unter der Leitung von Til Birnstiel steht, wurde in den letzten Jahren intensiv an den frühen Phasen der Planetenentstehung geforscht. Dieses Projekt erhielt im Jahr 2017 einen ERC Starting Grant in Höhe von etwa 1,5 Millionen Euro.
Birnstiels Team hat untersucht, wo und wann die Bausteine der Planeten entstehen und welche Mechanismen die strukturellen Merkmale in planetenbildenden Scheiben verursachen. Die aus diesem Projekt veröffentlichten 71 Fachartikel wurden bis 2023 über 4700 Mal zitiert, was auf den hohen wissenschaftlichen Einfluss der Ergebnisse hinweist.
Die Rolle von Staub und Dunkelwolken
Ebenfalls relevant für die Planetenentstehung sind dunkle Wolken wie die Bok-Globule Barnard 68, die durch kleinste Staubpartikel das Licht dahinter liegender Sterne abschirmen. Forschungsaktivitäten, wie etwa die Untersuchung der physikalischen Eigenschaften dieser Staubpartikel, werden am Institut für Geophysik und extraterrestrische Physik durchgeführt. Darüber hinaus konnten durch das Hubble Space Telescope protoplanetare Scheiben im Sternbild Orion identifiziert werden, wobei unser Sonnensystem vor 4,6 Milliarden Jahren aus einer solchen Scheibe hervorgegangen ist.
Zusammengefasst zeigt sich, dass die moderne Forschung zur Planetenentstehung nicht nur unser Wissen über die fundamentalen physikalischen Prozesse vertieft, sondern auch neue Perspektiven für die Entstehung von Planetensystemen eröffnet. Für die kommenden Jahre stehen zahlreiche weitere Experimente und Studien an, die darauf abzielen, die Geheimnisse der Planetenbildung weiter zu entschlüsseln.
Für detaillierte Informationen zu den durchgeführten Untersuchungen und den neuesten Forschungsergebnissen besuchen Sie bitte UDE, LMU und TU Braunschweig.