
Der Hamburger Schuhhändler Görtz sieht sich erneut mit einer Insolvenz konfrontiert. Das Amtsgericht Hamburg hat am Montag das Insolvenzverfahren für die Görtz Retail GmbH angeordnet. Vorläufiger Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt Gideon Böhm von der Kanzlei Münzel & Böhm. Dies markiert bereits die zweite finanzielle Schieflage des Unternehmens innerhalb kurzer Zeit, nachdem das erste Insolvenzverfahren im Juli 2023 beendet wurde. Görtz, ein Traditionsunternehmen, das seit 1875 besteht, konnte sich nach dem vorherigen Verfahren auf einen Neustart konzentrieren und die 650 Arbeitsplätze in Filialen, Logistik und Zentrale sichern, berichtet Focus.
Der Investor Bolko Kissling, der nach der ersten Insolvenz in das Unternehmen eingestiegen war, sollte innovative Konzepte einbringen. Zuvor hatte die Görtz-Gruppe über 1.800 Beschäftigte und betrieb rund 160 Filialen in Deutschland und Österreich. Mittlerweile ist die Zahl der Standorte auf gut 30 gesunken, viele mussten aufgrund von Mietschulden schließen, was die aktuelle Situation zusätzlich erschwert.
Steigende Insolvenzen im Jahr 2024
Die Schwierigkeiten von Görtz sind nicht die einzigen Alarmzeichen auf dem deutschen Markt. Experten berichten von einem signifikanten Anstieg von Unternehmensinsolvenzen in Deutschland. Im Jahr 2024 wurden 16,8 Prozent mehr Insolvenzen festgestellt als im Vorjahr. Laut dem Tagesschau verzeichnete das Statistische Bundesamt im Dezember 2024 einen weiteren Anstieg von 13,8 Prozent der Insolvenzverfahren. Extrem prädestiniert waren hierfür die Branchen Verkehr und Lagerei, Bau sowie Gastgewerbe.
Im Oktober 2024 wurden 2.012 Firmeninsolvenzen gemeldet, was einem Anstieg von 35,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Die Forderungen der Gläubiger belaufen sich auf rund 3,8 Milliarden Euro, mehr als doppelt so viel wie im Vorjahr. Sonderregelungen, die während der Corona-Pandemie galten, sind inzwischen ausgelaufen, was die Situation zusätzlich verschärft. Die Unternehmensinsolvenzen könnten 2025 den Höchststand von über 32.000 Fällen erreichen, der zuletzt im Krisenjahr 2009 festgestellt wurde.
Folgen für den Mittelstand
Der Mittelstand sieht sich vielen Herausforderungen gegenüber, die zu einer wirtschaftlichen Talfahrt führen könnten. Über 80 Prozent der mittelständischen Unternehmen rechnen mit einem Schrumpfen der Wirtschaft. Besondere Sorgen bereiten zudem die steigenden Energiepreise und aufwendige bürokratische Hürden. In dieser schwierigen Gesamtwirtschaftslage sehen auch die Verbraucher eine Zunahme der Insolvenzen, was zu einem Rückgang der Konsumlaune führt.
Die Zukunft von Görtz bleibt ungewiss, während das Unternehmen bereits in der Vergangenheit durch verfehlte strategische Entscheidungen, wie dem Abbau von Filialen und Personal, unter Druck geraten ist. Die strategische Ausrichtung, die der neue Eigentümer CK Technology GmbH in Aussicht stellt, soll auf einer Optimierung des Filialportfolios und einer Forcierung des Eigenmarkenumsatzes basieren, doch die finanzielle Schieflage begehrt vorerst Einhalt.