
Am 21. Januar 2025 besuchten Studierende der Juristischen Fakultät der Europa-Universität Viadrina das Sozialgericht in Frankfurt (Oder). Diese Exkursion ist Teil des praxisorientierten Jura-Studiums, das durch spezielle Veranstaltungen wie Gerichtsbegleitungen ergänzt wird. Der Besuch fand im November 2024 statt und ermöglichte den Teilnehmern, die realen Abläufe in Gerichtsverhandlungen kennenzulernen. Besonders für viele Studierende war dies der erste Aufenthalt im Gerichtssaal.
Die Gruppe setzte sich aus Studierenden zusammen, die sich auf sozialrechtliche Themen wie Sozialversicherungsrecht und staatliche Sozialleistungen konzentrieren. Unter ihnen war Sophie Franz, die im siebten Semester Rechtswissenschaften studiert. Sie wertete die Exkursion als äußerst lehrreich und hob die zentrale Rolle von Empathie in der Sozialgerichtsbarkeit hervor, wie es auch Richter Jan Rittmeyer während seiner Einführung in die Verhandlungen anmerkte.
Der praxisnahe Einblick
Im Rahmen des Besuchs erhielten die Studierenden eine Einführung in verschiedene Fälle, darunter eine Anhörung zu einem Anspruch auf eine höhere Verletztenrente. Sophie Franz betonte, wie wichtig solche Erfahrungen sind, um das Verständnis für Gesetze und Rechtsnormen zu vertiefen. Diese enge Verbindung von Theorie und Praxis ist ein wichtiges Merkmal des Studienangebots an der Viadrina, das von Prof. Dr. Claudia Maria Hofmann geleitet wird.
Die Studentinnen und Studenten hatten sich im Vorfeld intensiv mit dem Thema Arbeitsunfälle auseinandergesetzt, wobei die Komplexität der rechtlichen Ansprüche deutlich wurde. Diese Thematik wird durch die aktuellen rechtlichen Rahmenbedingungen ergänzt, die besagen, dass im Klageverfahren gegen Ablehnungsbescheide der Berufsgenossenschaften oft strenge Beweisanforderungen gelten. Ein großes Thema sind hier insbesondere die Urteile des Sozialgerichts, das häufig auf bereits vorliegende Ablehnungsbescheide verweist und keine weiteren Gutachten einholt.
Empathie als Schlüsselkompetenz
Die Bedeutung der Empathie im juristischen Kontext wird auch in der aktuellen Forschung hervorgehoben. Ein Beitrag in einem Sammelband thematisiert die Rolle von Empathie bei der Normgenese, ihrer symbolischen Gesetzgebung und der gerichtlichen Kommunikation. Empathie wird dabei als entscheidende Fähigkeit für Juristen beschrieben, um sowohl die Bedürfnisse der Klienten zu verstehen als auch die Anforderungen an die Rechtsprechung zu erfüllen.
Dabei wird thematisiert, dass die Empathie nicht nur eine emotionale, sondern auch eine kognitive Dimension hat und für die Qualität der juristischen Kommunikation von ausschlaggebender Bedeutung ist. Dies zeigt sich nicht nur in der Gerichtsverhandlung, sondern auch in der juristischen Ausbildung, die darauf abzielt, zukünftige Juristen auf die Herausforderungen der Praxis vorzubereiten.
Diese Erkenntnisse sind besonders relevant vor dem Hintergrund der jüngsten Exkursion der Viadrina-Studierenden, die nicht nur theoretisches Wissen, sondern auch praktische Fähigkeiten erweitern konnten. Solche Erfahrungen stärken das Verständnis für die vielfältigen Facetten der juristischen Arbeit und die Bedeutung von Empathie in der Sozialgerichtsbarkeit.
Für die Studierenden, die einen ersten Einblick in das Sozialgericht erhielten, bleibt die Erkenntnis, dass Juristerei weit mehr als das bloße Anwenden von Gesetzen ist. Es geht auch um das Verständnis der menschlichen Schicksale, die sich hinter den einzelnen Fällen verbergen.