
Die Nutzung sozialer Medien hat in den letzten Jahren sowohl im Alltag als auch im politischen Raum enorm zugenommen. Besonders TikTok, eine Plattform, die ursprünglich als Unterhaltungsmedium gedacht war, hat sich zunehmend als Kanal für politische Botschaften etabliert. Ein Journalist, der sich aktuell auf einer kleinen Insel in Thailand im Urlaub befindet, erfährt dies persönlich. Während er mit Magenproblemen zu kämpfen hat, die als Lebensmittelvergiftung gedeutet werden, sucht er auf TikTok nach Linderung. Glücklicherweise findet er schnell Hilfe in Form eines Produkts namens „White Rabbit“, das ihm Erleichterung verschafft. Dies unterstreicht die positiven Aspekte von TikTok, welche auch Anwendungen für Fitnesspläne und Rezepte umfassen. Darüber hinaus wird TikTok oft zur Entdeckung neuer Reiseziele und zur Förderung von Musikern genutzt.
Gleichzeitig gibt es jedoch ernste Bedenken hinsichtlich der Kontrolle und der Inhalte auf dieser Plattform. Kritiker warnen vor der politischen Einflussnahme durch die chinesische Regierung und der Verbreitung extremer Inhalte, die durch den TikTok-Algorithmus begünstigt werden. Eine besondere Besorgnis wird hinsichtlich der Demokratie im Westen laut, da die Nutzerzahlen insbesondere unter jugendlichen Nutzern – mehr als 70 % der 16- bis 19-Jährigen in Deutschland – signifikant hoch sind. Politiker erkennen dies und sehen in TikTok ein wichtiges Werkzeug, um junge Wähler anzusprechen, was die politische Zurückhaltung gegen ein Verbot der Plattform erklärt.
Kritische Analyse und Wahlkampfstrategien
Eine Untersuchung, durchgeführt von Journalistik-Studierenden der TU Dortmund, vergleicht den Einsatz von TikTok im Europawahlkampf mit der Nutzung von Facebook. Der Analysezeitraum reicht vom 3. Juni bis 16. Juni 2024, was eine Woche vor und eine Woche nach der Europawahl umfasst. Insgesamt wurden 456 Posts analysiert, wobei 129 von TikTok und 327 von Facebook stammten. Die berücksichtigten Parteien hatten alle einen Stimmenanteil von über 5 %. Dazu zählen unter anderem die CDU, CSU, AfD, SPD und die Grünen. Die Studie konzentriert sich nicht nur auf die physische Präsenz der Kandidierenden, sondern beleuchtet insbesondere ihre Social-Media-Aktivitäten.
Die Analyse umfasst wichtige Aspekte wie das Veröffentlichungsdatum der Posts, Likes und Shares, sowie die Emotionen und Rhetorik, die in den Inhalten präsentiert werden. Besonders bemerkenswert ist, dass die AfD und ihre Jugendorganisation Junge Alternative als die aktivsten Parteien auf TikTok wahrgenommen werden. Trotz der Kritik an der Plattform und den enthaltenen Inhalten nähern sich die etablierten politischen Akteure dem Medium in zunehmendem Maß an.
Der Einfluss sozialer Medien auf Wahlentscheidungen
Die Diskussion über den Einfluss sozialer Medien auf Wahlen ist komplex. Judith Möller, Professorin für empirische Kommunikationsforschung, stellt fest, dass der Einfluss dieser Medien auf Wahlentscheidungen gering sei und von vielen externen Faktoren abhänge. Es gebe zu wenige belastbare Daten, um eine eindeutige Aussage über die Auswirkungen sozialer Medien auf Wahlen zu tätigen. Dennoch könnte die langfristige Exposition gegenüber bestimmten Inhalten zur Meinungsbildung beitragen. Fachleute wie Andreas Jungherr betonen, dass Wahlen nicht plötzlich durch kurzfristige Social-Media-Kampagnen entschieden werden können.
Die Sichtbarkeit und die teils toxische Kultur auf Plattformen wie TikTok bringen zudem Herausforderungen mit sich. Tatsächlich könnte die Diskussion in sozialen Medien, die zunehmend nach rechts driftet, zu einer einseitigen Meinungsbildung führen. Dennoch wird auf der anderen Seite argumentiert, dass die Sichtbarkeit progressiver Themen wie Rassismus und Geschlechteridentität durch soziale Medien gestiegen ist und somit auch eine Plattform für weniger ausgesprochene Stimmen geschaffen wurde.
Abschließend lässt sich feststellen, dass soziale Medien wie TikTok einerseits neue Chancen für den politischen Diskurs eröffnen, gleichzeitig aber auch erheblichen Herausforderungen gegenüberstehen, die ernst genommen werden müssen. Der Aufruf an die Politik, die Gefahren dieser Plattformen zu erkennen und proaktiv zu handeln, bleibt aktuell.