
Südkoreas entmachteter Präsident Yoon Suk Yeol hat am 18. Januar 2025 erstmals seit seiner Inhaftierung vor Gericht gestanden. Der Gerichtstermin in Seoul diente der Entscheidung über einen Antrag der Ermittlungsbehörden zur Verlängerung seiner Inhaftierung, die im Zusammenhang mit der Untersuchung zur kurzzeitigen Ausrufung des Kriegsrechts steht. Anwalt Yoon Kab-keun erklärte, dass sein Mandant „wahrheitsgetreu zu den Fakten, Beweisen und Rechtsfragen“ Stellung bezogen hat. Währenddessen versammelten sich Tausende seiner Anhänger vor dem Gerichtsgebäude – Polizeischätzungen gehen von etwa 12.000 Personen aus, die sich zur Unterstützung Yoons eingefunden hatten.
Yoon wurde am Mittwochmorgen festgenommen, nachdem ein Haftbefehl erlassen worden war, und hat seither keine detaillierten Aussagen gemacht. Der Haftbefehl, der am Freitag auslief, wurde von den Ermittlern um weitere 20 Tage verlängert, was auch durch die Genehmigung des Gerichts stattfand. Das Gericht in Seoul hat nicht nur der Verlängerung des Haftbefehls zugestimmt, sondern auch eine Durchsuchung von Yoons Präsidentenresidenz angeordnet. Er ist der erste amtierende Staatsoberhaupt Südkoreas, das in Haft genommen wird.
Politische Krise durch Kriegsrecht
Die Turbulenzen um Yoon entstanden, als er am 3. Dezember kurzzeitig das Kriegsrecht ausrief, was zu massiven Protesten und einer politischen Krise in Südkorea führte. Das Kriegsrecht umfasste das Verbot aller politischen Parteien und Aktivitäten sowie eine staatliche Kontrolle der Medien. Yoon hob das Kriegsrecht nach nur wenigen Stunden wieder auf, nachdem das Parlament sein Vetorecht in Anspruch nahm.
Ein Hauptvorwurf der Staatsanwaltschaft betrifft die vermeintliche Anweisung Yoons an das Militär, gewaltsam das Parlament zu stürmen. Diese Herausforderungen und die mobilisierten Proteste gegen seine Regierung sind Ausdruck der tiefen politischen Spaltung in Südkorea, die als „Nam-Nam-Spaltung“ bezeichnet wird. Diese unversöhnliche Haltung zwischen den politischen Lagern hat sich über Jahre hinweg entwickelt, verstärkt durch Yoons gesunkene Zustimmungswerte, die zuletzt bei nur 17 Prozent lagen.
Konsequenzen für die politische Landschaft
Die aktuelle Situation hat das Parlament dazu veranlasst, sich für Yoons Absetzung auszusprechen. Die politische Krise hat auch Auswirkungen auf die Amtsführung seines Nachfolgers, Interimspräsident Han Duck Soo, der ebenfalls abgesetzt wurde. Nun soll Finanzminister Choi Sang Mok an die Spitze der Regierung rücken. Die Opposition plant ein Amtsenthebungsverfahren, benötigt hierfür jedoch Stimmen aus dem Regierungslager, um erfolgreich zu sein.
Experten betonen, dass die Erklärung des Kriegsrechts nicht aus dem Nichts kam, sondern das Ergebnis einer Zuspitzung der politischen Konflikte in Südkorea ist. Eric J. Ballbach, ein Südkorea-Experte, bezeichnet die Entwicklungen als extrem und demokratieunwürdig. Er äußert die Hoffnung auf neue Kommunikationskanäle zwischen den politisch gegensätzlichen Lagern, um eine Verbesserung der derzeit angespannten Situation zu erreichen.
Die Entscheidung des Gerichts über die Verlängerung der Haft von Yoon wird für den späten Samstag oder frühen Sonntag (Ortszeit) erwartet. Die Gefahr eines weiteren politischen Umbruchs bleibt angesichts der angespannten Lage und der anhaltenden Proteste gegen die früheren Entscheidungen der Regierung bestehen.
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