
In Hurrel arbeitet der Heimatforscher Egon Wachtendorf an einem bemerkenswerten Projekt, das die Biografien verstorbener Bürger aus der Region bewahrt. Sein Fokus liegt auf den Männern, die auf dem Ehrenmal in Hurrel verzeichnet sind und während der Weltkriege ihr Leben verloren. Bisher hat Wachtendorf 40 der 41 Namen auf dem Denkmal recherchiert. Dem letzten, Gustav Drieling, gilt besonders sein Interesse, da dessen Lebensweg zahlreiche ungelöste Fragen aufwirft.
Gustav Drieling wurde am 15. Dezember 1921 in Altmoorhausen geboren und verstarb unter tragischen Umständen am 17. Dezember 1941. Ein Gedenkstein, auf dem er verewigt ist, steht in Hurrel, obwohl er dort nicht aufwuchs. Diese Ungereimtheit hat Wachtendorf dazu veranlasst, nach den Gründen zu forschen. Besonders interessant ist die Entdeckung, dass Drielings Mutter, Martha, die Schwester von Bertha Mathilde Osterloh war, der Großmutter des ehemaligen Huder Ratsherrn Werner Haverkamp.
Die letzten Tage von Gustav Drieling
Im Jahr 1941, als der Zweite Weltkrieg auf seinem Höhepunkt war, verbrachte Gustav Drieling seinen 20. Geburtstag auf der Krim, während die Schlacht um Sewastopol tobte. Tragisch genug erlag er zwei Tage später in einem Feldlazarett seinen Verletzungen, die er durch einen Bauchschuss erlitten hatte. Laut amtlicher Mitteilung soll er etwa 20 Kilometer östlich von Sewastopol begraben sein, möglicherweise auf der Kriegsgräberstätte Gontscharnoje. Diese Information steht jedoch auf der Kippe, da die genauen Umstände seiner Beisetzung ungewiss sind.
Wachtendorf, der sich engagiert um die Dokumentation der Lebensgeschichten kümmert, hat Drielings Biografie erst kürzlich auf seiner Plattform veröffentlicht. Diese stellt die 564. Biografie auf der Hurrel Gedächtnisseite dar. Der Heimatforscher hat außerdem Gedächtnisseiten für weitere Orte wie Lintel und Altmoorhausen erstellt. Jedes Jahr während des Volkstrauertags werden neue Biografien veröffentlicht, um den Gefallenen zu gedenken.
Die Erinnerungskultur im Kontext des Zweiten Weltkriegs
Die Auseinandersetzung mit den Erinnerungsorten und Biografien aus dem Zweiten Weltkrieg gewinnt nicht nur auf lokaler Ebene an Bedeutung, sondern spiegelt sich auch in der breiteren deutschen Erinnerungskultur wider. Der thematische Fokus auf die Auseinandersetzung mit den Verbrechen, die während dieser Zeit begangen wurden, ist besonders aktuell, wie die Publikation „Offene Wunden Osteuropas“ zeigt. In diesem Buch wird untersucht, wie die deutsche Erinnerungspolitik oft auf bestimmte Ereignisse wie den Holocaust und die Massenmorde an Juden ausgerichtet ist, während andere Aspekte und Orte der Erinnerung vernachlässigt werden.
Diese Lücken in der Erinnerungskultur und die kritische Auseinandersetzung mit der Rolle der deutschen Bevölkerung während des Krieges sind zentrale Themen der Analyse in der heutigen Zeit. Es wird gefragt, ob aus der Geschichte die richtigen Lehren gezogen wurden oder ob die Anliegen von Opfern, wie Gustav Drieling, endgültig in Vergessenheit geraten werden. Die Beispiele der individuellen Schicksale, die Wachtendorf erforscht, stellen nicht nur lokale Gedenkinitiativen dar, sondern sind Teil eines größeren Diskurses über den Umgang mit der eigenen Geschichte.
Wachtendorf sucht weiterhin nach Hinweisen und Fotos zu weiteren Namen und Biografien aus der Region. Interessierte können ihn telefonisch oder per E-Mail kontaktieren. Durch sein Engagement trägt er dazu bei, dass die Geschichten der Gefallenen nicht in Vergessenheit geraten und die Bedeutung von Erinnerung und Gedenken in unserer Gesellschaft gewahrt bleibt.