
Am 16. Januar 2025 steht das Ruhrgebiet, das mit etwa 5,3 Millionen Einwohnern der viertgrößte Ballungsraum Europas ist, im Kontrast zu seiner industriellen Vergangenheit. Auf einer Reise durch die Region erzählt Martin Scholz, 60 Jahre alt und Gästeführer in der renommierten Zeche Zollverein, von den tiefgreifenden Veränderungen, die die Region seit ihrer Ernennung zur Kulturhauptstadt Europas im Jahr 2010 erlebt hat. Scholz, aufgewachsen im Ruhrgebiet und der Enkel eines Bergmanns, hebt hervor, wie die Zeche, einst die größte Schachtanlage der Welt, heute als Symbol für den kulturellen Wandel und das Erbe der Region gilt.
Vor einem Vierteljahrhundert war das Ruhrgebiet als Reiseziel wenig attraktiv, doch die Auszeichnung zur Kulturhauptstadt Europas hat dies grundlegend gewandelt. Die Region zieht heute Touristen aus aller Welt an. Durch das Kulturhauptstadtprogramm RUHR.2010 wurden Kultureinrichtungen und Industriedenkmäler wie der Gasometer Oberhausen neu belebt und in Orte zeitgenössischer Kunst transformiert. In der Zeche Zollverein stieg die Besucherzahl von weniger als einer Million jährlich auf 1,7 Millionen.
Die wirtschaftliche und kulturelle Transformation
Im Jahr 2010 wurde das Ruhrgebiet offiziell als Kulturhauptstadt Europas unter dem Motto „Wandel durch Kultur – Kultur durch Wandel“ präsentiert. Diese Initiative, die unter der Leitung der RUHR.2010 GmbH entstand, hatte das Ziel, die kulturelle Identität der Region zu stärken. Während des Kulturhauptstadtjahres erlebten über zehn Millionen Menschen die vielfältigen Angebote, die es zu entdecken gab, was zu einem signifikanten Anstieg der Übernachtungen führte – 6,5 Millionen im Jahr 2010, im Jahr 2023 waren es bereits 8,8 Millionen.
Ein besonderer Blickfang ist das Dortmunder U, das als kreatives Zentrum fungiert. Ehemals ein Brauerei-Hochhaus, zog es 2024 etwa 300.000 Besucher an und gehört damit zu den meistbesuchten Museen Deutschlands. Diese Entwicklungen sind Teil eines umfassenden kulturellen Wandels, der nicht nur in der Veränderung von Gebäuden und Einrichtungen sichtbar wird. Die Zeche Zollverein gehört seit 2001 zum UNESCO-Weltkulturerbe und beheimatet heute diverse kulturelle Projekte und Veranstaltungen, darunter auch neuartige Projektionen zur Kohlenwäsche.
Chemnitz im Fokus
Im Jahr 2025 wird Chemnitz, bekannt für sein starkes Engagement der Zivilgesellschaft, die nächste Kulturhauptstadt Europas sein. Es wird mit einer Besucherzahl von rund zwei Millionen aus dem In- und Ausland gerechnet, die sich auf mehr als 1.000 geplante Veranstaltungen freuen dürfen. Ein wichtiger Aspekt der Auswahlprozesse für solche Titel ist die soziale Dynamik, welche die Identität der Städte stärkt; der Prozess gilt nicht selten als eine Art „Gruppentherapie“.
Die Rückschau auf das Jahr 2010 im Ruhrgebiet zeigt, dass solche Titel nicht nur kulturellen Glanz bringen, sondern auch einen Modernisierungsschub mit sich führen können. Weimar, die erste deutsche Kulturhauptstadt im Jahr 1999, verbesserte beispielsweise ihre Infrastruktur und sanierte historische Gebäude. Diese positiven Effekte sind ebenso für Chemnitz zu erwarten, wenn die Stadt im Kreise ihrer Kulturschaffenden das Jahr 2025 in Angriff nimmt.
Insgesamt hat das Ruhrgebiet mit seiner Geschichte als Zentrum des Kohlebergbaus und der Industrie gezeigt, dass es durch kulturelle Transformationen nachhaltig im Gedächtnis der Menschen bleibt. Es vereint Historie, Kunst und soziale Innovation, und blickt auf eine spannende Zukunft, deren Grundlage auf den Erfahrungen, die in der Vergangenheit gewonnen wurden, fußt. Aus der einst unattraktiven Region ist ein Standort der Kreativität und der kulturellen Vielfalt geworden.
Für weitere Informationen über die kulturellen Entwicklungen im Ruhrgebiet und Chemnitz, besuchen Sie LVZ, Wikipedia und ZDF.