
Die Bedeutung von Bildung für die individuelle Entwicklung und gesellschaftliche Teilhabe rückt zunehmend ins Zentrum der gesellschaftlichen Debatte. In einem aktuellen Vortrag von Prof. Anne Sliwka an der Universität Heidelberg wird betont, dass Bildung nicht nur Wissen und Fähigkeiten vermittelt, sondern auch essentielle Voraussetzungen für ökonomische, politische, soziale und kulturelle Teilhabe schafft. Sliwka verweist dabei auf das Konzept der „positiven Freiheit“ von Isaiah Berlin sowie den „Capability Approach“ von Martha Nussbaum und Amartya Sen, die Bildung als Schlüssel empfinden, um Chancengerechtigkeit und Persönlichkeitsentwicklung zu fördern.
Der Vortrag ist Teil der Ruperto Carola Ringvorlesung der Universität Heidelberg, die sich im Wintersemester 2023/2024 dem Thema „Freiheit?! Die Universität als Diskursraum“ widmet. Hier werden gesellschaftlich relevante Forschungsfragen diskutiert. Aufzeichnungen der Veranstaltungen sind auf heiONLINE verfügbar. Sliwka, die sich auf die Bildung in Transformationsgesellschaften, Deeper Learning und Schulentwicklung spezialisiert hat, verdeutlicht die Rolle der Bildung in einer veränderten Welt.
Ein Blick auf die digitale Transformation
Ein weiterer Aspekt der Bildung, der immer wichtiger wird, ist die Verbindung zur digitalen Transformation. Der Bachelor-Studiengang „Digitale Transformation“ wird an zahlreichen Hochschulen in Deutschland angeboten. Er integriert technische Begeisterung mit Wirtschaft und Digitalisierung und fokussiert neue Technologien sowie digitale Trends. Die Studierenden erwerben sowohl technisches als auch wirtschaftliches Grundwissen, während praktische Fähigkeiten in Bereichen wie Künstliche Intelligenz und NoCode- sowie LowCode-Technologien vermittelt werden. Die Institutionen, die diesen Studiengang anbieten, sind über das gesamte Bundesgebiet verteilt, von Augsburg über München bis hin zu Stuttgart.
In der heutigen Gesellschaft sind digitale Kompetenzen entscheidend für die Integration in die Arbeitswelt. Dies wurde nicht zuletzt während der pandemiebedingten Schulschließungen (Frühjahr 2020 und Anfang 2021) deutlich. Zu dieser Zeit wurde der Einfluss des Elternhauses auf die schulischen Leistungen verstärkt wahrgenommen. Laut einer Studie befürchteten über 50% der Lehrkräfte, dass dieser Einfluss zugenommen habe, was die bereits bestehenden sozialen Ungleichheiten verstärkt hat.
Die digitale Spaltung
Die Schulschließungen haben auch offenbart, dass der Zugang zu digitaler Infrastruktur und hochwertigen Lerninhalten eine zentrale Herausforderung darstellt. Laut der ICILS-Studie 2018 lagen deutsche Achtklässler im internationalen Vergleich nur im Mittelfeld und ein Drittel der Schüler erreichte nur die untersten beiden Kompetenzstufen in digitalen Fähigkeiten. Soziale Herkunft bleibt ein entscheidender Faktor für Bildungserfolg und digitale Teilhabe.
Um diese digitalen Defizite zu beheben, wurden 500 Millionen Euro im Rahmen des „DigitalPakt Schule“ bereitgestellt, um Schüler ohne mobile Endgeräte zu unterstützen. Doch der Zugang zu qualitativ hochwertigen digitalen Inhalten und die kontinuierliche Förderung digitaler Kompetenzen bleiben wichtige Herausforderungen für Bildungseinrichtungen. Der Schlüssel zu einer gerechteren Bildungsgesellschaft liegt in der Förderung digitaler Fähigkeiten aller Schüler, unabhängig von ihrem sozialen Hintergrund.
Insgesamt zeigt sich, dass Bildung in der heutigen Zeit weit mehr ist als nur Wissensvermittlung. Sie ist ein zentraler Bestandteil für die aktive Teilnahme an der Gesellschaft und die Schaffung von Chancengerechtigkeit. Die Herausforderungen der digitalen Transformation und die soziale Ungleichheit erfordern eine grundsätzliche Neubewertung der Bildungsansätze und -strategien in Deutschland.
Die fortlaufende Diskussion um die Rolle der Bildung wird sowohl an den Universitäten als auch in der Gesellschaft insgesamt eine wichtige Rolle spielen. Es bleibt abzuwarten, wie Bildungspolitik und -praxis diese Herausforderungen meistern werden.
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie in den detaillierten Berichten von Universität Heidelberg, Digitale Transformation und bpb.de.