
Die Stadt Kandel steht vor einer finanziellen Zerreißprobe, die sich über die letzten Jahre zugespitzt hat. Aktuell diskutiert die Stadtverwaltung über die Erhaltung wichtiger Immobilien wie dem Kulturzentrum und dem Bürgerhaus Minderslachen. Diese Einrichtungen stehen nicht nur als kulturelle Zentren, sondern auch als Spiegelbild der finanziellen Herausforderungen, mit denen Kandel konfrontiert ist. Der finanzielle Druck wird durch ein sinkendes Eigenkapital, das von 34 Millionen Euro im Jahr 2015 auf nur noch 19 Millionen Euro im Jahr 2023 gefallen ist, sowie eine steigende Schuldenlast, die von 16 Millionen Euro auf 26 Millionen Euro angewachsen ist, zusätzlich verschärft. Dies führt zu einem pro Kopf Schuldenstand von 2799 Euro, der zwar unter dem rheinland-pfälzischen Durchschnitt von 3000 Euro liegt, jedoch den Ernst der Lage unterstreicht. Fehlende finanzielle Mittel zwingen die Stadt, sich auf freiwillige Leistungen zu konzentrieren, die im Jahr 2023 Kosten von 1,7 Millionen Euro verursachten, im Vergleich zu 1,1 Millionen Euro im Jahr 2015, wie rheinpfalz.de berichtet.
In einer Sondersitzung des Stadtrats am 20. September 2023 informierten Bürgermeister Michael Gaudier und Kämmerer Timo Pust über die prekäre Finanzlage und die Planung für 2024. Gaudier gab der Landesregierung eine Teilschuld an der desolaten finanziellen Situation, indem er die hohen Auflagen und unzureichenden Hilfen für Kommunen kritisierte. Zudem müssen die Bürgerinnen und Bürger mit drastischen Steuererhöhungen rechnen, die Gaudier als „historischen Steuererhöhungs-Tsunami“ bezeichnete. Kandel müsste mit Hebesätzen von bis zu 1800 Prozentpunkten rechnen, was als unzumutbar gilt. Trotz aller Schwierigkeiten bleibt der Erhalt des Kulturzentrums und des Bürgerhauses für viele Bürger wichtig, auch wenn einige Stadtratsmitglieder einen Verkauf der Immobilien in Betracht ziehen.
Finanzprobleme und Lösungsansätze
Die finanziellen Probleme sind nicht auf Kandel beschränkt, sondern zeigen ein allgemeines Bild der kommunalen Haushalte in Deutschland. Laut einer Prognose von kommunalen Spitzenverbänden wird 2023 ein Defizit von 6,4 Milliarden Euro und für 2024 nahezu 10 Milliarden Euro erwartet. Faktoren wie steigende Ausgaben durch Inflation, Einnahmeausfälle und unzureichende Flüchtlingsfinanzierung verstärken die Haushaltskrise erheblich. Diese Situation hat zur Folge, dass viele kommunale Investitionsprojekte, einschließlich der in Kandel geplanten Neubauten und Sanierungen, auf der Kippe stehen, was die Unterstützung von Klimaschutzprojekten und anderen wichtigen sozialen Angeboten gefährdet, wie auf staedtetag.de angemerkt wird.
Bürgermeister Gaudier fordert daher eine unveränderte Nivellierungssätze und mehr Unterstützung von der Landesregierung. Seine Auffassung nach ist eine Steuererhöhung nicht die Lösung, insbesondere wenn man die hohen bürokratischen Hürden in Betracht zieht, die auch Projekte wie den Bau von Kitas teuer und aufwendig machen. Der Bau von zwei neuen KITA-Einrichtungen, der alleine 12 bis 13 Millionen Euro kosten soll, wird kaum durch Zuschüsse von Land und Kreis unterstützt. Die Stadt muss hier große Teile der Kosten selbst tragen, was die ohnehin angespannte Finanzlage weiter verschärft.
Absichtserklärungen allein reichen nicht. Der Druck auf die Kommunen wird durch die fehlende Perspektive für nachhaltige Finanzplanung und die Notwendigkeit, dringend benötigte kulturelle und soziale Projekte zu retten, wachsender. Es bleibt abzuwarten, ob und wie Kandel aus der finanziellen Krise entkommen kann.