
Der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer hat angekündigt, sich aus der Spitzenpolitik zurückzuziehen. Dieser Schritt, der seine Entscheidung beinhaltet, auch sein Abgeordnetenmandat aufzugeben, wurde durch eine Sprecherin des Kanzleramtes bestätigt. Nehammer, der in den Nationalrat gewählt wurde, nachdem er im September als Spitzenkandidat der ÖVP angetreten war, wird voraussichtlich sein Mandat vor der nächsten Sitzung des Nationalrats am 22. Januar niederlegen.
Die ÖVP erhielt bei den letzten Wahlen 26,3 Prozent der Stimmen und landete damit hinter der FPÖ, die mit 28,8 Prozent die stärkste Kraft wurde. Nehammer war nicht in der Lage, eine Koalition mit anderen Parteien der politischen Mitte zu bilden, was ihn in seiner Rolle als Kanzler zunehmend unter Druck setzte. Medienberichte legen nahe, dass sein Rückzug bereits im Nachgang dieser Wahlen beschlossen wurde.
Politische Neuordnung
In der Folge seines Rücktritts hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen Gespräche mit dem FPÖ-Chef Herbert Kickl zur Regierungsbildung angeregt. Dies könnte zu einer Koalition zwischen der FPÖ und der ÖVP führen, wobei die ÖVP mittlerweile signalisierte, dass sie offen für Verhandlungen sei. Es wäre das erste Mal, dass die FPÖ den Kanzler stellt, nachdem Kickl die Parlamentswahl vor drei Monaten mit knapp 29 Prozent gewonnen hatte.
Der designierte ÖVP-Parteichef Christian Stocker bekräftigte die Bereitschaft seiner Partei zu Gesprächen mit der FPÖ. Beobachter erwarten, dass diese Koalition, falls sie zustande kommt, nicht nur die politische Landschaft Österreichs verändern könnte, sondern auch die Meinungsumfragen bestätigen könnte, die darauf hindeuten, dass die FPÖ bei einer Neuwahl noch deutlicher gewinnen könnte.
Die Wählermeinung
Eine Umfrage der Lazarsfeld Gesellschaft, die zwischen dem 21. und 22. September 2023 durchgeführt wurde, zeigt die Präferenzen der Wähler für zukünftige Regierungskoalitionen:
Koalitionsoption | Prozent der Unterstützer |
---|---|
Koalition aus ÖVP und FPÖ | 16% |
Zusammenarbeit von ÖVP, SPÖ und Neos („Flotter Dreier“) | 14% |
Comeback der „Großen Koalition“ (ÖVP und SPÖ) | 13% |
Dreierkoalition aus ÖVP, SPÖ und Grünen | 11% |
Zudem verlieren die Grünen an Zustimmung, sowohl unter den Wählern als auch in der Regierung. In diesem Jahr stehen noch zwei wichtige Landtagswahlen im Burgenland und in Wien an, die weitere Auswirkungen auf die politische Stabilität in Österreich haben dürften. Der neue Nationalrat wird in zwei Tagen gewählt, was die laufenden Diskussionen um mögliche Koalitionen zusätzlich anheizt.
Während Nehammer seinen Rücktritt als unvermeidlich ansieht, bleibt abzuwarten, wie die politischen Akteure in Österreich sich auf die neuen Gegebenheiten einstellen und welche Regierungskoalitionen letztlich realisiert werden können.