
Die bayerische Staatsregierung steht aktuell im Zentrum einer heftigen Kontroverse um ihre Klimaziele. Der stellvertretende Ministerpräsident Hubert Aiwanger hat sich gegen die Festlegung fester Jahreszahlen zur Klimaneutralität ausgesprochen und fordert eine realistische Wirtschafts- und Klimapolitik. Hierbei schlägt er vor, den bisherigen Zielzeitraum für die Klimaneutralität von 2040 auf 2045 zu verschieben. Dies würde jedoch eine grundlegende Abkehr von den bisherigen Vereinbarungen darstellen, da aktuell im bayerischen Klimaschutzgesetz festgelegt ist, dass Bayern bis spätestens 2040 klimaneutral sein soll. Kritiker aus dem Bund Naturschutz, Greenpeace sowie der SPD und Grünen zeigen sich besorgt über diese Entwicklung. Sie werfen der Staatsregierung eine geplante Lockerung der Klimaziele vor.
Die Unsicherheit um die bayerischen Klimaziele wurde durch Aiwanger zusätzlich verstärkt, als er fälschlicherweise behauptete, das Klimaschutzgesetz sei bereits geändert worden. Nach Angaben der Süddeutschen Zeitung hat der bayerische Landtag bisher jedoch nicht über eine Änderung des Klimaschutzgesetzes beraten oder abgestimmt. Stattdessen bleibt das Ziel, keine Treibhausgase auszustossen, die nicht gespeichert oder abgeschieden werden können, bis 2040 bestehen. Obwohl im November 2022 ein internes Beschlusspapier zur Verschiebung erstellt wurde, existiert aktuell kein entsprechender Gesetzentwurf.
Kritik und Widerstand
Die Opposition zeigt sich alarmiert über die Äußerungen Aiwangers. Umweltminister Thorsten Glauber bestätigte im Landtag, dass Bayern zu seinen Klimazielen steht und erklärte, eine Verschiebung auf 2045 sei „perspektivisch möglich“, jedoch sei noch kein Gesetzentwurf vorgelegt worden. In der Vergangenheit hatte Aiwanger bereits mehrere Male die bayerischen Klimaziele in Frage gestellt, was zu Spannungen innerhalb der Koalition aus CSU und Freien Wählern führte.
Ministerpräsident Markus Söder äußerte sich im November 2024 und stellte fest, dass die Klimaneutralität ohne den Einsatz von Atomkraft kaum erreichbar sei. Diese Diskussion ist besonders brisant, da das Klimagesetz 2021 unter dem Motto „Klimaland Bayern“ verabschiedet wurde, während der Atomausstieg auf der politischen Agenda steht.
Der Rahmen des bayerischen Klimaschutzes
Der Klimawandel ist in Bayern bereits spür- und messbar. In den letzten 70 Jahren ist die Durchschnittstemperatur um 1,9 °C gestiegen, mit noch drastischeren Veränderungen im Alpenraum. Die bayerische Staatsregierung verfolgt das Ziel, bis 2040 klimaneutral zu sein, schneller als der Bund und die EU. Im Jahr 2022 betrugen die Treibhausgasemissionen in Bayern 6,6 Tonnen pro Einwohner und lagen damit unter dem gesamtdeutschen Durchschnitt von 8,9 Tonnen.
Das bayerische Klimaschutzprogramm steht im Kontext internationaler Verpflichtungen, wie dem Pariser Klimaschutzabkommen, bei dem Länder sich verpflichten, den globalen Temperaturanstieg auf unter 2 °C zu begrenzen. Bayern hat zudem das „Under2MoU“ unterzeichnet, um die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 45 % unter das Niveau von 2010 zu senken. In Anbetracht dieser Verpflichtungen appellieren Umweltverbände an die Staatsregierung, von ihrer geplanten Abkehr vom Klimaziel Abstand zu nehmen und für eine klimapolitisch mutigere Linie einzutreten.