
Am 10. Januar 2025 kündigen mehrere Hochschulen und Forschungsinstitutionen aus dem deutschsprachigen Raum an, dass sie ihre Aktivitäten auf der Plattform X (ehemals Twitter) einstellen. Unter diesen Institutionen findet sich auch die Universität Siegen, die sich gemeinsam mit 62 weiteren Einrichtungen an dieser Aktion beteiligt. Diese Entscheidung ist das Ergebnis einer strategischen Analyse, die verdeutlicht, dass eine effiziente Kommunikation auf der Plattform kaum möglich ist.
Die Gründe für diesen einschneidenden Schritt sind vielfältig. Die beteiligten Hochschulen kritisieren, dass die Plattform X nicht mit ihren grundlegenden Werten – wie Weltoffenheit, wissenschaftlicher Integrität, Transparenz und demokratischem Diskurs – kompatibel sei. Besonders die algorithmische Verstärkung rechtspopulistischer Inhalte sowie die Einschränkung der organischen Reichweite haben zu dieser Entscheidung maßgeblich beigetragen. Uni Siegen hat seit April 2024 über ihren Account keine Posts mehr veröffentlicht und friert diesen nun ein, obwohl der Account weiterhin existiert, um Missbrauch vorzubeugen.
Alternative Kommunikationsstrategien
In der Vergangenheit hat die Universität Innsbruck bereits den ersten Schritt gewagt, als sie vor mehr als einem Jahr die Plattform X verließ. Mit dem Schritt der Universität Siegen und anderen Institutionen wird ein klarer Appell für faktenbasierte Kommunikation und gegen antidemokratische Strömungen erkennbar. Die Universität Innsbruck unterstützt die aktuelle Ausstiegsaktion und hat sich dafür entschieden, den Microblogging-Dienst Mastodon zu nutzen. Diese Entscheidung basiert auf einem Bekenntnis zu offenen Plattformen und wurde im Positionspapier „Open Science Communication“ festgehalten.
Die Wissenschaftskommunikation an der Universität Siegen wird über andere Netzwerke wie Facebook, Instagram, Threads, LinkedIn und TikTok fortgeführt, was eine Anpassung an die veränderten Kommunikationsbedürfnisse darstellt. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind jedoch frei in der Wahl ihrer Kommunikationskanäle und können alternative Plattformen nutzen.
Strategische Hochschulkommunikation
Die Entwicklungen rund um die Plattform X verdeutlichen die wachsende Bedeutung einer durchdachten Kommunikationsstrategie an Hochschulen. Nach den Leitlinien der Hochschulrektorenkonferenz müssen Hochschulen ihre Verantwortung gegenüber der demokratischen Gesellschaft reflektieren und entsprechende Kommunikationsstrategien entwickeln. Diese Strategien können nicht nur zur Steigerung des Vertrauens in die Institutionen beitragen, sondern auch für ein besseres Verständnis der wissenschaftlichen Arbeiten in der Öffentlichkeit sorgen.
Die Hochschulen sind dabei gefordert, Medienkompetenz zu fördern und den Schutz vor Falschinformationen in der Gesellschaft zu stärken. Ein transparenter Umgang mit kommunikativen Herausforderungen, einschließlich Krisenkommunikation, ist unerlässlich, um den ansteigenden Bedürfnissen in der Wissenschaftskommunikation gerecht zu werden. Die Verantwortung, diese Community effektiv zu kommunizieren, erfordert nicht nur finanzielle und technische Ressourcen, sondern auch eine kontinuierliche Entwicklung der Kommunikationsqualität.
Insgesamt zeigt die Entscheidung, sich von der Plattform X zurückzuziehen, eine anhaltende kritische Haltung der akademischen Welt gegenüber sozialen Medien, die ihre Werte nicht mehr schützen. Die Hochschulen setzen damit ein klares Zeichen für eine stärkere Ausrichtung ihrer Kommunikationsstrategien an den Grundwerten von Wissenschaft und Demokratie.
Mehr Informationen über die Hintergründe und die beteiligten Instituten finden Sie in den jeweiligen Pressemitteilungen: Universität Siegen, Universität Innsbruck, Hochschulrektorenkonferenz.