
Forschende der Universität Marburg unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. Thomas Brenner beleuchten in ihrer aktuellen Studie den Zusammenhang zwischen Wetterfaktoren und dem Risiko, an Lungenentzündung zu erkranken. Die Untersuchung basiert auf den umfangreichen Daten von CAPNETZ, welche in den letzten 14 Jahren mehr als 10.660 Lungenentzündungsfälle dokumentiert haben. Dabei stammen die Patient*innen sowohl aus städtischen als auch aus ländlichen Gebieten, was eine differenzierte Analyse der Risiken ermöglicht. Das primäre Ziel der Studie ist die Entwicklung einer personalisierten Smartphone-App, die Nutzer*innen vor potenziellen Risiken einer Lungenentzündung warnen soll, basierend auf den identifizierten Wetterbedingungen.
Die Forschungsteams bestätigen, dass sogenannte „schlechte“ Wetterbedingungen, die von niedrigen Temperaturen und hohem Schadstoffgehalt geprägt sind, eine signifikante Erhöhung des Gesundheitsrisikos darstellen. Insbesondere Kombinationen aus niedrigen Temperaturen, niedrigem Luftdruck sowie hohen Konzentrationen von Schadstoffen und Kohlenmonoxid sind als Risikofaktoren identifiziert worden. Diese Erkenntnisse werden genutzt, um einen spezifischen Risikofaktor zu entwickeln, der die Anfälligkeit für Lungenentzigungen unter verschiedenen klimatischen Bedingungen bewerten kann.
Identifikation vulnerabler Gruppen
Besonders anfällig für Lungenentzündungen sind nach der Studie Patient*innen mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) sowie Menschen mit einem hohen Body-Mass-Index. Zudem steigen das Erkrankungsrisiko signifikant bei älteren Menschen und Männern. Die Untersuchung zeigt, dass die Risiken durch unterschiedliche Wetter- und Luftbedingungen variieren, was eine gezielte Ansprache betroffener Gruppen ermöglicht.
Die App, die entwickelt wird, soll nicht nur aktuelle Gesundheitsprognosen bereitstellen, sondern auch wetterbasierte Vorhersagen für einen Zeitraum von drei Tagen integrieren. Die Ergebnisse dieser umfassenden Studie werden zudem in einer Veröffentlichung in der Fachzeitschrift Frontiers in Climate erscheinen (doi: 10.3389/fclim.2024.1475075).
Klimawandel und dessen Einfluss auf die Gesundheit
Der menschliche Organismus reagiert sensibel auf klimatische Bedingungen, wie zahlreiche Studien, darunter auch die des Umweltbundesamtes, zeigen. Diese Arbeiten untersuchen die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland. Veränderungen des Klimas führen zu einem Anstieg der Belastungen durch hohe Temperaturen, während gleichzeitig die Belastungen durch niedrige Temperaturen voraussichtlich abnehmen werden. Zudem wird eine Zunahme der Häufigkeit, Dauer und Intensität von Hitzewellen bis Ende des 21. Jahrhunderts erwartet.
Das Umweltbundesamt hat anhand systematischer Literaturrecherche und einer Wetterfühligkeitsbefragung 19 regionale Klimamodelle ausgewertet. Die Ergebnisse zeigen, dass sich klimatische Bedingungen direkt auf das Gesundheitsrisiko auswirken, insbesondere bei Erkrankungen wie ischämischen Herzkrankheiten und Lungenentzündungen. In den kommenden Jahrzehnten werden rasche Temperaturänderungen und größere Temperaturschwankungen immer häufiger auftreten. Dies verdeutlicht die dringende Notwendigkeit von Anpassungsmaßnahmen im Gesundheitssektor.
Die Relevanz dieser Forschung könnte weitreichende Implikationen für die öffentliche Gesundheit haben und dazu beitragen, präventive Maßnahmen gegen wetter- und klimabedingte Krankheitsrisiken zu entwickeln. Eine fundierte Risikoprognose durch die neue App könnte somit entscheidend zur Verbesserung der Lebensqualität besonders vulnerabler Bevölkerungsgruppen beitragen. Für weitere Informationen zu den aktuellen Entwicklungen besuchen Sie die Seiten der Universität Marburg hier, sowie auf idw-online und DWD.