
In Hessen haben die Schulen seit dem Inkrafttreten des Genderverbots im März 2024 eine neue Regelung zur sprachlichen Gestaltung. Hessens Ministerpräsident Boris Rhein führte das Verbot von Gendersonderzeichen ein, um die sprachliche Klarheit und Verständlichkeit für alle Schülerinnen und Schüler zu fördern. Ein Jahr nach der Einführung zieht die schwarz-rote Landesregierung ein positives Zwischenfazit. Das Verbot wird im Koalitionsvertrag ausdrücklich unterstützt und sieht vor, dass auf gendergerechte Schreibweisen wie das Binnen-I, den Genderstern oder den Unterstrich verzichtet wird. Stattdessen sollen diese Formen in Schulen als Rechtschreibfehler gewertet werden, um die Lehre von fehlerfreiem Deutsch zu gewährleisten, insbesondere für Kinder, die noch nicht gut Deutsch sprechen können, so das Bildungsministerium op-online berichtet.
In der Praxis bedeutet das, dass Schülerinnen und Schüler während der Abiturprüfungen keine Sonderzeichen verwenden dürfen. Diese Genderschreibweisen werden in Prüfungen nicht nur angestrichen, sondern auch entsprechend benotet. Hessens Kultusminister Armin Schwarz (CDU) merkte an, dass die Landesregierung härter gegen das Gendern vorgeht als die bayerische Staatsregierung, die nur Anstreichungen ohne Punktabzug erlaubt. Interessanterweise erhielt die hessische Regierung bislang keinerlei negative Rückmeldungen von Schülern, Lehrkräften oder Eltern bezüglich des Genderverbots, was die Akzeptanz unterstreicht zdf berichtet.
Kritik und Widerstand
Obwohl die Landesregierung ein positives Echo für ihr Vorgehen verzeichnet, äußern Bildungsgewerkschaften wie die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und der Verband Bildung und Erziehung (VBE) scharfe Kritik. Sie sehen die Verwendung von Gendersonderzeichen als wichtigen Ausdruck von Geschlechtergerechtigkeit. Thilo Hartmann, der Vorsitzende der GEW in Hessen, zeigt sich verärgert über die restriktive Regelung und fordert eine differenzierte Betrachtung. Auch Julia Herz von Bündnis90 / Die Grünen bezeichnet das Vorgehen der hessischen Landesregierung als Teil eines „ideologischen Kulturkampfes“, insbesondere in einer sensiblen Phase wie dem Abitur zdf berichtet weiter.
Der Rat für deutsche Rechtschreibung hat klargestellt, dass die Bewertung von sprachlichen Formen in der Schulpolitik liegt und leitet keine Richtlinien für gendergerechte Sprache ab. Informationen darüber, wie gendergerechte Sprache zu gestalten ist, wurden u.a. seit den 1970er Jahren diskutiert. Einfache und eindeutige Formen wie die Doppelnennung und geschlechtsneutrale Ausdrücke werden von der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) als notwendig erachtet. Die GfdS empfiehlt jedoch, von komplizierten Formen wie Gendersternchen oder Gendergap Abstand zu nehmen, da diese grammatikalische und orthografische Herausforderungen mit sich bringen gfds.de erörtert.
Die Zukunft der geschlechtergerechten Sprache
Die Diskussion um die sprachliche Gleichbehandlung ist kein neues Phänomen. Bereits in den 1980er Jahren wurden erste Richtlinien erlassen, um die Sichtbarkeit von Frauen in der Sprache zu fördern. Der aktuelle gesellschaftliche Diskurs erfordert eine noch differenziertere Auseinandersetzung mit dem Thema geschlechtergerechte Sprache und der Anerkennung eines dritten Geschlechts. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Regelungen in Hessen weiter entwickeln und ob ein Dialog zwischen den verschiedenen Positionen in der Gesellschaft zustande kommt.
Wie die Bilanz der hessischen Regierung zeigt, ist die Frage der sprachlichen Gestaltung mehr als nur ein akademisches Thema. Sie berührt grundlegende Aspekte der Gleichberechtigung und der sozialen Gerechtigkeit, die weiterhin hitzig diskutiert werden.