
Am 6. Januar 2025 wurde das VVN-Denkmal in Hohenstein-Ernstthal von Unbekannten beschädigt. Diese verübten einen Angriff auf ein bedeutendes Mahnmal, indem sie sieben Kupferbuchstaben mit einer Größe von etwa 16 Zentimetern mit brachialer Gewalt entfernten. Die Umstände deuten darauf hin, dass ein Bolzenschneider benutzt wurde, um den Schaden zu verursachen. Der Schaden wird auf etwa 600 Euro geschätzt. Der Vorfall wurde am selben Tag von einem Mitarbeiter des städtischen Bauhofs entdeckt. Die Polizei hat Ermittlungen wegen Sachbeschädigung und Diebstahl aufgenommen, während auch geprüft wird, ob ein politisches Motiv hinter der Tat steckt.
Das Denkmal ist ein Gedenkort für die Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung und beinhaltet ein Zitat von Bertolt Brecht: „Verschwunden, aber nicht vergessen. Niedergeknüppelt, aber nicht widerlegt.“ Zudem verweist es auf Patrick Türmer, einen 17-jährigen Malerlehrling und Punker, der am 1. Oktober 1999 von Neonazis angegriffen wurde und an den Folgen dieser Attacke starb. Die wiederholte Beschädigung des Denkmals für Türmer wirft Fragen auf, ob ein Zusammenhang zu dem jüngsten Vorfall besteht.
Politische Motivationen und Angriffe auf Erinnerungsorte
Die Vorfälle in Hohenstein-Ernstthal sind Teil eines besorgniserregenden Trends. In Deutschland gab es seit 2019 über 1700 Fälle politisch motivierter Kriminalität an Gedenkstätten, wovon der Großteil als „rechts“ klassifiziert wird. Eine Analyse zeigt, dass 87% der Tatverdächtigen männlich und 94% deutsche Staatsbürger sind. Die häufigste Form von Straftaten an diesen Orten stellt die Sachbeschädigung dar, mit insgesamt 415 registrierten Vorfällen. Die Aufklärung dieser Taten ist erschreckend niedrig; lediglich 9,32% der 1019 Fälle wurden aufgeklärt. Dies verdeutlicht die Herausforderungen, denen sich die Erinnerungskultur gegenübersieht.
Die Gedenkstätten in Deutschland, wie zum Beispiel die Gedenkstätte Buchenwald, haben in den letzten Jahren vermehrt Angriffe erlebt. Der stellvertretende Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald, Philipp Neumann-Thein, sieht dies als Angriff auf die Erinnerungskultur und die damit verbundene Aufklärungsarbeit. Nicolai Nerling, der sich selbst als „Volkslehrer“ bezeichnet, hat öffentliche Aufrufe zur Gewalt gegen Gedenkstätten veröffentlicht und ist mehrfach wegen Volksverhetzung verurteilt worden.
Neue Herausforderungen in der Erinnerungskultur
Die fortgesetzten Angriffe auf Gedenkstätten und die sich verändernde politische Landschaft stellen die Erinnerungskultur in Deutschland vor neue Herausforderungen. Diese betreffen nicht nur den demografischen Verlust von Zeitzeug*innen, sondern auch die Zunahme rechtsextremistischer und autoritär-antidemokratischer Tendenzen. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, wird in der Schriftenreihe „Erinnerungskultur und Demokratie“ über innovative Ansätze des Lernens und der Vermittlung von NS-Geschichte diskutiert. Wissenschaftler*innen befassen sich mit neuen virtuellen Formaten sowie den Möglichkeiten des interkulturellen Dialogs und der historischen Bildung, um die Werte der Demokratie zu stärken.
Die Bedeutung der Erinnerungskultur ist vor allem für die jüdische Gemeinschaft und die demokratische Reife eines Landes von zentraler Wichtigkeit. Veranstaltungen, Workshops und Projekte zur Förderung der Aufklärung sind unerlässlich, um derartigen Angriffen entgegenzuwirken und eine kritische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit zu fördern. Trotz der Herausforderungen bleibt es entscheidend, die Orte des Erinnerns zu schützen und das Gedächtnis an die Opfer des Nationalsozialismus aufrechtzuerhalten.
In diesem Kontext sind sowohl präventive Maßnahmen als auch die Sensibilisierung der Gesellschaft für diese Themen von hoher Relevanz. Nur so kann gewährleistet werden, dass die geschichtlichen Lektionen nicht vergessen werden und das Gedenken an die Opfer eine zentrale Rolle in der deutschen Gesellschaft spielt.
Für weitere Informationen zu den Vorfällen und deren Kontext, siehe auch Sächsische, Deutschlandfunk und Haus des Erinnerns.