
Dutzende pro-palästinensische Studierende und Aktivisten haben das Audimax der Alice-Salomon-Hochschule in Berlin-Marzahnhütten besetzt. Rektorin Bettina Völter bestätigte die Besetzung und wies darauf hin, dass auch Studierende der Hochschule unter den Besetzern sind. Die Gespräche zwischen den Hochschulleitungen und den Aktivisten sind im Gange, jedoch wurden keine näheren Details über die Inhalte aus einem „geschützten Dialograum“ bekanntgegeben. Die Polizei, die seit dem Abend vor Ort ist, hat bisher keine Straftaten festgestellt, und es gab keinen Strafantrag vom Hauseigentümer. Die Besetzung wurde über Social-Media-Plattformen der pro-palästinensischen Szene in Berlin angekündigt. Es besteht die Vermutung, dass auch ortsfremde Personen an der Besetzung beteiligt sind, darunter Akteure, die zuvor an anderen Universitäten für Besetzungen verantwortlich waren.
Die Alice-Salomon-Hochschule duldet die aktuelle Besetzung vorerst. Rektorin Völter hat erklärt, dass es derzeit keinen Anlass für die Durchsetzung des Hausrechts gebe. Die Atmosphäre vor Ort bleibt bisher friedlich, ohne gemeldete Sachbeschädigungen. Die Besetzer streben an, einen Raum des Diskurses zu schaffen, wobei sie angekündigt haben, bis 21 Uhr im Hörsaal zu bleiben, und es gibt Anzeichen, dass sie die Nacht dort verbringen möchten. Unterstützung der Besetzer wird in sozialen Medien gefordert – einige Unterstützer planen, Barrikaden zu errichten. Auf Videos, die auf Instagram geteilt wurden, sind vermummte Aktivisten im Hörsaal zu sehen, die Transparente halten und der Hochschule eine Mitschuld am „Völkermord“ vorwerfen. Der Berliner SPD dagegen fordert die Hochschule auf, das Hausrecht konsequent durchzusetzen und kritisiert die Einschätzung der Rektorin.
Proteste und Kundgebungen
Zusätzlich zu den Geschehnissen an der Alice-Salomon-Hochschule gab es bereits am Mittwochnachmittag pro-palästinensische Proteste vor der Hochschule. Die Studierenden warfen der Hochschulleitung eine einseitige Haltung im Nahost-Konflikt vor. Eine als „Solidarität mit der Zivilbevölkerung in Palästina“ titulierte Kundgebung zählte etwa 150 Teilnehmer. Gleichzeitig fand eine Gegendemonstration statt, an der 45 Personen teilnahmen, die „Solidarität mit Israel – Aufstehen gegen antisemitische Hetze“ forderten. Teilnehmer dieser Gegendemonstration hielten Plakate mit Fotos von von der Hamas verschleppten Geiseln. Zu den Rednern gehörte der CDU-Bundestagsabgeordnete Mario Czaja, während der israelische Vizebotschafter Aaron Sagui die Veranstaltung vorzeitig verließ.
Die Lage wurde von der Polizei, die mit 150 Kräften vor Ort war, beobachtet. Es gab keine nennenswerten Vorkommnisse, abgesehen von einigen Wortgefechten zwischen den beiden Gruppen. Die Polizei bildete eine Pufferzone, um die Gruppen voneinander zu trennen. Trotz der angespannten Debatte um den Nahost-Konflikt, in dem die Grenzziehungen zwischen legitimer Kritik an Israel und antisemitschem Verhalten immer wieder hinterfragt werden, verliefen die bisherigen Events überwiegend friedlich. Rektorin Völter berichtete von den differenzierten Forderungen der Studierenden und einer Vereinbarung zur Fortführung des Dialogs.
Ein breiter Kontext
Die aktuellen Proteste sind Teil eines größeren Phänomens, das sich in den letzten Monaten an vielen Universitäten in Deutschland, wie Berlin, Bremen und Leipzig, bemerkbar machte. Diskurse über die Legitimität solcher Proteste und die Abgrenzung zwischen Meinungsäußerung und Antisemitismus nehmen immer mehr Raum ein. In den USA sind ähnliche pro-palästinensische Proteste an Universitäten seit längerem zu beobachten. Hochschulverband und politische Akteure kritisieren gewaltsame Proteste und betonen, dass Universitäten Orte für differenzierte Auseinandersetzungen sein sollten.
Der Hintergrund dieser Auseinandersetzungen ist der Konflikt im Gazastreifen, der durch den Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 exacerbiert wurde. Bei diesem Angriff wurden nach Berichten etwa 1.200 Menschen getötet. In der Folge kam es zu israelischen Angriffen, die laut dem Gesundheitsministerium der Hamas über 34.800 Menschen das Leben kosteten. Politische Diskussionen und öffentliche Meinungsäußerungen über die Situation spitzen sich an, was auch die jüngsten Entwicklungen und Proteste an den Hochschulen in Deutschland beeinflusst
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Indem sowohl Befürworter als auch Kritiker ihrer Positionen Gehör finden, bleibt die Situation an der Alice-Salomon-Hochschule und anderer Institutionen angespannt und ist ein Spiegel bildlich für die breitere gesellschaftliche Diskussionen in Deutschland.