
Am 6. Januar 2025, genau vier Jahre nach dem Sturm auf das Kapitol, leitet Kamala Harris, die Vorsitzende des Senats, die Sitzung zur Zertifizierung von Donald Trumps Wahlsieg bei der Präsidentschaftswahl im November 2024. Dieser Tag hat eine besondere historische Bedeutung für die amerikanische Demokratie und erinnert an die jüngsten turbulenten Ereignisse der politischen Geschichte der Vereinigten Staaten. Bei dem Sturm auf das Kapitol im Jahr 2021 versuchten Trumps Anhänger, die Bestätigung des Wahlsiegs von Joe Biden zu verhindern, was zu einem gescheiterten Coup führte. Bei diesem gewaltsamen Vorfall verloren fünf Menschen ihr Leben, und zahlreiche Teilnehmer wurden strafrechtlich verfolgt. Präsident Biden selbst ruft zur Erinnerung an diese Ereignisse auf und betont die Wichtigkeit des demokratischen Prozesses, während Harris, die am 6. Januar 2021 im Hauptquartier des Democratic National Committee war, die Verantwortung für den friedlichen Machtübergang übernimmt.
Biden appelliert an die neugewählten demokratischen Kongressmitglieder, die Wahrheit über die Ereignisse von 2021 nicht zu vergessen. Neben der tiefen politischen Spaltung war der Sturm auf das Kapitol auch eine Lektion über die Fragilität der Demokratie. Harris bezeichnet ihr Amt als „heilige Verpflichtung“, die Wahlniederlage zu leiten, und ist eine von wenigen Vizepräsidenten, die eine solche Zeremonie nach einem eigenen Verlust übernimmt. Ihre Rolle verschafft ihr in der Geschichte der amerikanischen Politik einen besonderen Platz, vergleichbar mit Richard Nixon und Al Gore, die in ähnlichen Situationen, jedoch in anderen politischen Zeiten, agierten.
Der Kontext der Wahl und der Zertifizierung
Der Prozess der Zertifizierung beginnt um 19 Uhr deutscher Zeit. Während dieser Sitzung werden die Ergebnisse aus den verschiedenen US-Bundesstaaten verlesen und gezählt; von Einsprüchen ist nicht auszugehen. Dies ist ein Wendepunkt, nachdem Harris bereits während des Wahlkampfs Trumps Rückkehr ins Weiße Haus als unmöglich oder unerwünscht bezeichnete. Sie warnte vor seinen autoritären Tendenzen und bezeichnete ihn als „petty tyrant“ und „wannabe dictator“. Diese Worte stehen im starken Kontrast zu ihrer jetzigen Position, in der sie ihre Niederlage akzeptiert und den Willen der Wähler respektiert.
Diese politische Landschaft wird zusätzlich durch Trumps bevorstehende Amtseinführung am 20. Januar 2025 geprägt. Seine Pläne umfassen sogar Begnadigungen für bestimmte verurteilte Teilnehmer des Kapitol-Sturms, die zu seiner Amtseinführung eingeladen wurden. Es ist ein Zeichen dafür, dass die Wunden der amerikanischen Gesellschaft und der politischen Kultur noch nicht verheilt sind. Trumps früherer Vizepräsident Mike Pence, der damals unter Druck stand, als Trumps Verbündeter zu agieren, hatte sich geweigert, Stimmen aus umstrittenen Bundesstaaten abzulehnen, was zu Spannungen innerhalb der Republikanischen Partei führte.
Wahlen und deren Geschichte in den USA
Der historische Kontext der Wahlen in den USA ist komplex. Seit den Anfängen der Republik waren nur weiße, besitzende Männer wahlberechtigt, und erst im Laufe der Zeit wurden zunehmend Bevölkerungsgruppen in den demokratischen Prozess einbezogen. Von der Einführung des „Electoral College“ bis hin zu den Bürgerrechtsbewegungen, die zur Aufhebung diskriminierender Wahlpraktiken führten, zeigt die Geschichte der US-Wahlen eine ständige Evolution. So wurde 1920 durch den 19. Zusatzartikel das uneingeschränkte Wahlrecht für Frauen eingeführt, während der Vietnamkrieg zu einer Absenkung des Wahlalters von 21 auf 18 Jahre führte.
Die Präsidentschaftswahlen in den USA sind bekannt für ihre niedrige Wahlbeteiligung, die bei etwa 50% liegt. Der Einfluss jeder Wahl ist enorm, und jede Entscheidung, die an diesem Tag getroffen wird, könnte nicht nur die politische Landschaft, sondern auch die demokratischen Grundwerte des Landes nachhaltig prägen. Die bevorstehende Zertifizierung markiert einen weiteren Schritt in dieser fortwährenden Geschichte der Auseinandersetzung um das Wahlrecht und die Demokratie insgesamt.