
Furcht und Trauma sind zentrale Themen in der Neurobiologie, insbesondere in Bezug auf die posttraumatische Belastungsstörung (PTBS). Eine aktuelle Studie von Dr. Katharina Spoida an der Ruhr-Universität Bochum beleuchtet, was im Gehirn passiert, wenn Furcht gelernt oder verlernt wird. Herausforderungen nach traumatischen Erfahrungen zeigen, dass Betroffene oft die Verknüpfung zwischen neutralen Reizen und Angst nicht mehr auflösen können. Diese unbegründete Furcht kann alltägliche Sinneseindrücke betreffen und ist ein Hauptmerkmal der PTBS, die Therapiefortschritte nachhaltig erschwert, wie das Gehirn berichtet.
Die Forschung konzentriert sich auf die Rolle des Serotonins sowie seiner Rezeptoren bei diesen Prozessen. Spoidas Team untersuchte genetisch veränderte Mäuse, bei denen der Serotoninrezeptor 5-HT2C ausgeschaltet wurde. Diese sogenannten Knock-out-Mäuse zeigen signifikant weniger Angst und lernen schneller, dass ein neutraler Ton keinen Anlass zur Furcht gibt. Die Ergebnisse zeigen Veränderungen in der neuronalen Aktivität in zwei bestimmten Hirnregionen: dem dorsalen Raphe-Kern (DRN) und dem Bett-Kern der Stria terminalis (BNST).
Geschlechtsspezifische Unterschiede und Optogenetik
Bemerkenswerterweise weisen weibliche Mäuse andere Lerneffekte auf, was von besonderer Relevanz ist, da mehr Frauen an PTBS erkranken. Die Forschung nutzt Optogenetik, um gezielt bestimmte Nervenzellen zu aktivieren oder zu hemmen. So verlangsamt die Hemmung von CRF-Nervenzellen bei Knock-out-Mäusen das Verlernen von Furcht, während die Aktivierung dieser Zellen bei Wildtyp-Mäusen das Verlernen beschleunigt. Der BNST enthält sowohl angstfördernde als auch angstlösende Bereiche; bei den Knock-out-Mäusen ist die Aktivität im angstlösenden Bereich erhöht.
Die Erkenntnisse aus diesen Studien haben das Potenzial, die medikamentöse Behandlung von PTBS zu verbessern, indem geschlechtsspezifische Unterschiede in der Medikation verstärkt berücksichtigt werden. Zusätzlich entdeckte eine andere Studie, veröffentlicht in der Fachzeitschrift Nature Genetics, 95 Genregionen, die mit PTBS in Verbindung stehen, wobei 80 dieser Genregionen zuvor unbekannt waren. Diese Entdeckungen könnten entscheidend für ein besseres Verständnis der genetischen Grundlagen von PTBS sein, wie die Universitätsklinikum Würzburg berichtete.
Die Rolle von Genetik und Stress
Der Psychiatric Genomics Consortium analysierte genetische Merkmale und identifizierte Gene, die das Risiko für PTBS nach einem Trauma erhöhen. Diese Gene sind verantwortlich für die Regulation von Nervenzellen und Synapsen sowie für hormonelle und immunologische Prozesse. Außerdem haben kürzlich veröffentlichte Studien gezeigt, dass sowohl PTBS als auch Depressionen durch genetische Veranlagung und Stresseinwirkungen entstehen. Dabei fanden sich Veränderungen im Genom, die die Gen- und Proteinexpression beeinflussen.
Die Mehrheit der signifikanten Krankheitssignale wurde im medialen präfrontalen Kortex (mPFC) beobachtet, einem Bereich, der für die Regulation von Nervenzellen und Stresshormonen von entscheidender Bedeutung ist. Diese umfassenden Erkenntnisse liefern neue Ansätze zur Behandlung von Stress, Angst und traumaassoziierten Erkrankungen und zeigen das komplexe Zusammenspiel zwischen biologischen, psychologischen und sozialen Faktoren, die die Entstehung solcher Störungen bestimmen.