
In den letzten Jahren hat der Geburtenrückgang in Deutschland eine intensive Diskussion ausgelöst, die weit über demografische Statistiken hinausgeht. Vor allem junge Menschen äußern vermehrt den Wunsch, kinderlos zu leben. Eine kürzlich erschienene ZDF-Reportage mit dem Titel „37 Grad Leben: Ich will keine Kinder“ beleuchtet diese Thematik und zeigt die Perspektiven junger Erwachsener, die sich gegen die Familiengründung entscheiden. So erklärt Linda (29), ihr Lebensziel sei Glücklichsein, und das gehe nun einmal „nur ohne Kinder“, berichtet Focus.
Linda plant eine Sterilisation, sieht sich dabei jedoch mit Widerstand konfrontiert, selbst von ihrer Frauenärztin. Ihre Erfahrungen bei der Suche nach Informationen über den Eingriff, insbesondere auf Plattformen wie TikTok, zeigen, wie sich der Zugang zu Informationen für junge Menschen verändert hat. Ihr Fall ist exemplarisch für eine Generation, die Selbstbestimmung und Lebensqualität über traditionelle Familienmodelle stellt. Auch Paul (34) ist ein Teil dieser Debatte; er hat depressive Phasen hinter sich und möchte seine Ressourcen für sich selbst nutzen, da er keine Kinder haben möchte.
Ursachen des Geburtenrückgangs
Der Geburtenrückgang ist ein weit verbreitetes Phänomen in allen Industrieländern, obwohl die Auswirkungen weltweit unterschiedlich sind. Es wird argumentiert, dass viele Faktoren zu dieser Entwicklung beitragen. So verzeichnete Deutschland 1964 mit 1,36 Millionen Geburten einen Höchststand, während 2011 die Zahl mit nur 663.000 die niedrigste Seit 1946 erreichte. In den letzten Jahren gab es zwar leichte Verbesserungen – 2022 wurden 692.989 Neugeborene gezählt, so die Analyse bei Nomos.
Die Ursachen für den Geburtenrückgang sind vielfältig und komplex, dabei reichen sie von gesellschaftlichen Veränderungen über wirtschaftliche Unsicherheiten bis hin zu globalen Krisen wie Kriegen und Klimawandel. Eine umfassende Untersuchung in 28 Ländern über vier Jahrzehnte identifizierte insgesamt 51 Faktoren, die zur Erklärung beitragen. Die Wissenschaftler stehen vor der Herausforderung, eine integrierende Erklärung zu finden, die sowohl internationale Gemeinsamkeiten als auch nationale Unterschiede berücksichtigt, so die Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung.
Die Rolle der Familienpolitik
Die Debatte um die Rolle der Familienpolitik in Bezug auf die Geburtenrate wird kontrovers geführt. Während einige Studien darlegen, dass politische Maßnahmen erheblichen Einfluss auf Geburtenzahlen haben können, ist es dennoch umstritten, wie effektiv diese Maßnahmen sind. Eine Makrostudie hat gezeigt, dass durch gezielte Familienpolitik die Lebensperspektiven für Familien verbessert werden können, was letztlich zur demografischen Nachhaltigkeit beitragen könnte.
Das Thema ist nicht nur ein gesellschaftliches, sondern auch ein politisches. So präsentiert die AfD in ihrem Wahlprogramm klare Forderungen zur Familienpolitik, die zinslose Darlehen für Eltern und eine frühere Rente für diese Gruppe umfassen. Diese Ansprüche sind Teil einer Vielzahl von Vorschlägen, die versuchen, die sich verändernden Familienstrukturen und die sinkenden Geburtenraten zu adressieren.
Die Diskussion über die Entscheidung, keine Kinder zu bekommen, und die damit verbundenen gesellschaftlichen Normen sind in vollem Gange. Während Linda und Paul für eine neue Generation stehen, die andere Lebensziele verfolgt, wird die politische und gesellschaftliche Debatte über Familienmodelle und die damit verbundenen Verantwortungen weiter an Fahrt aufnehmen.