
Die Diskussion um das Kirchenasyl in Deutschland gewinnt zunehmend an Bedeutung, während die Behörden versuchen, diese Form des Schutzes für Asylsuchende zu unterminieren. Der Druck auf Gemeinden und Kirchen nicht nur in Bremen, sondern im ganzen Land wächst, was die Frage aufwirft, ob sie weiterhin bereit sind, Schutz zu gewähren. Dietlind Jochims, die Bundesvorsitzende der Ökumenischen Arbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche, hebt hervor, dass es dringend mehr Beratung und Überzeugungsarbeit für die Kirchengemeinden benötigt. Viele von ihnen sind unsicher, ob sie den Schutz, den Kirchenasyl bietet, aufrechterhalten können.
Die Nachfrage nach Kirchenasyl hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Diese Form des Asyls ist oft das letzte Mittel für Menschen, die eine drohende Abschiebung fürchten. Insbesondere betrifft dies sogenannte Dublin-Fälle, bei denen Asylbewerber in ein anderes europäisches Land abgeschoben werden sollen. Laut Jochims genießen zahlreiche dieser Asylsuchenden in anderen EU-Staaten schlechte Lebensbedingungen, wie etwa in Schweden, wo abgelehnte Asylbewerber unter extremen Umständen in Abschiebezentren leben.
Fallbeispiel aus Bremen
Ein aktuelles Beispiel für die Relevanz des Kirchenasyls zeigt sich in Bremen, wo rund 100 Menschen gegen die geplante Abschiebung eines 25-jährigen Somaliers aus der Zionskirche protestierten. Sein Fall ist emblematisch für die Herausforderungen, denen sich die Kirchen gegenübersehen, während sie versuchen, unrechtmäßige Abschiebungen zu verhindern und den Schutz von Geflüchteten zu garantieren. Wie die Berichterstattung von buten un binnen dokumentiert, sollte der Somalier ursprünglich nach Finnland abgeschoben werden, wo er seinen ersten Asylantrag gestellt hatte.
Der Schutz, den das Kirchenasyl bietet, fußt auf einer langen Tradition. Bereits 1983 fand in Deutschland das erste Kirchenasyl statt. In Bremen gab es 1985 den ersten Fall. Im Jahr 2022 wurden bundesweit 1.119 Fälle dokumentiert, darunter 27 in Bremen. Diese Zahl verdeutlicht, wie wichtig dieser Schutzmechanismus für geflüchtete Menschen ist und dass die Kirchen nicht vorhaben, einen rechtsfreien Raum zu schaffen. Die Evangelischen Gemeinden der Bremer Neustadt haben verlautbart, dass sie die Behörden über alle Aufenthalte im Kirchenasyl informiert sind.
Spannungen zwischen Kirche und Staat
Während zahlreiche Politiker, wie die Bremer Grünen, die Behörden auffordern, das Kirchenasyl zu respektieren, gibt es auch Widerstand. Kritiker, darunter die AfD und Jan Timke von Bündnis Deutschland, sehen im Kirchenasyl einen Missbrauch des Asylsystems. Diese Spannungen verdeutlichen, dass es aktuell keine gesetzliche Grundlage für Kirchenasyl gibt, der Staat jedoch in vielen Fällen bereit ist, es zu tolerieren.
Hamburgs Erzbischof Stefan Heße verschafft dem Thema eine moralische Dimension, indem er die Aufgabe der Kirche betont, Flüchtlingen eine Stimme und Unterstützung zu geben. Er sieht das Kirchenasyl nicht als isolierte Lösung, sondern als Teil eines umfassenderen Engagements der Kirche für die Menschenrechte und humanitäre Hilfe. Heße warnt vor einem Anstieg der Migrantenzahlen aufgrund weltweit steigender Konflikte und Klimakatastrophen.
Das Thema Kirchenasyl bleibt nach wie vor hochaktuell und erfordert sowohl rechtliche als auch gesellschaftliche Auseinandersetzungen. Für weitere Informationen über Kirchenasyl und seine rechtlichen Rahmenbedingungen verweisen wir auf Flüchtlingshilfe HTK.
In einer Zeit, in der die Herausforderungen für geflüchtete Menschen enormer werden, ist das Kirchenasyl ein wichtiger Aspekt der deutschen Asylpolitik, der nicht nur juristische, sondern auch ethische und gesellschaftliche Dimensionen umfasst.